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650 Seemeilen in die Karibik

von | Apr 3, 2021 | Atlantik, Karibik

Wir sind da!

Wir sind an dem Ort angekommen, der bei vielen Leuten als ein Synonym für das Traumziel, für Entspannung, Sonne, weiße Sandstrrände, türkise Ankerbuchten und gute Vibes gilt. Auch für uns war die Karibik ursprünglich das Ziel unserer Reise/ Atlantiküberquerung. Bedingt durch die verspätete Abfahrt in Portugal konnten wir den ersten Plan, einige Wochen den Gambiariver zu besuchen ,um dann in die Karibik zu segeln nicht in die Tat umsetzen. Stattdessen folgten wir einem guten Tipp, setzten so bald als möglich auf den neuen Kontinent über und besuchten Französisch Guyana in Südamerika. Ein günstiger Anlaufpunkt, da wir von dort aus, dem Nordäqutorialstrom folgend, nördlich in die Karibik weitersegeln konnten. Aufgrund zu strenger Corona Regeln konnten wir die Länder Suriname und Guyana leider nicht besuchen. Aber wie bereits in vergangen Einträgen beschrieben, war allein der Besuch in Französisch Guyana ein voller Erfolg. Wir lernten ein Land kennen, von dem ich ehrlich gesagt bis dato noch nichts gehört hatte. – Zu meiner Entschuldigung: Auch viele Erwachsene (also jung gebliebene Ältere im Alter meiner Eltern 😉) hatten nur vom Weltraumbahnhof dort oder durch den Film „Papillon“ über die Gefängnisinsel, eine wage Vermutung davon, dass es dieses Land irgendwo geben muss.

Nach knapp einem Monat vor Ort zog es uns dann aber doch weiter und so setzten wir am 27ten März wieder die Segel. Mittlerweile ist es fast schon Tradition, dass sich unser Abfahrtstermin verschiebt und auch jede Überfahrt mit Überraschungen gespickt sein muss. So war es auch dieses Mal.

Just am letzten Tag vor der geplanten Abfahrt, ich saß auf dem Klo eines Chinarestaurantes und nutzte die Zeit das „Grenada – Yacht – Entry – Protocol“ noch einmal zu lesen, bemerkte ich dass wir doch noch nicht alle benötigten Papiere zusammenhatten. Das Protokoll fordert einen negativen Coronatest, welcher nicht länger als 72 h vor Abfahrt im letzten Hafen gemacht werden musste. An diesem Tag waren schon alle Teststellen geschlossen und daher dauerte es nochmal zwei Tage bis wir getestet waren und die Ergebnisse in unseren Händen hielten.

Auch auf der Überfahrt wurden wir wieder Überrascht. Und zwar in Form eines Sturmes mit Windgeschwindigkeiten bis zu 50 Knoten, der zwei Tage lang anhielt! Und das, obwohl der erste Tag so vielversprechend begann: Morgens Früh um acht bekamen wir unsere Testergebnisse, Leon deckte uns mit „Pain au Chocolats“ sowie einigen Baguettes ein und wir konnten mit ablaufenden Wasser den Matury River verlassen.

Am Abend schrieb ich mir noch in mein Notizbuch:

Geil! Wir segeln wieder. Das Wasser ist genauso, wie der Ammmersee bei Königssegelwetter. Grün, leicht kabbelig und mit vereinzelten Schaumkronen durchsetzt. Die Sonne brennt uns auf den Rücken und am Himmel sind nur vereinzelte Schäfchenwolken zu sehen. Wir segeln mit voller Besegelung und 4,8 Knoten am Wind mit Kurs auf Grenada.“

Ich habe es erst vier Tage später wieder auf die Reihe bekommen etwas aufzuschreiben. Denn noch am Abend des ersten Tages entwickelte sich der leichte Wind zu einem ausgewachsenem Sturm. Beginnend mit einer kleinen Gewitterwolke erreichte der Wind in kürzester Zeit Sturmstärke. Wir hatten die Segelfläche so weit wie Möglich reduziert. Das Großsegel war im dritten Reff und die Genua soweit eingerollt, dass nur noch ein kleines Dreieck stehen blieb. Etwas später rollten wir die Genua komplett ein und setzten stattdessen eine kleine Fock am zweiten Vorstag. Ihr Segelprofil ist viel besser als das einer aufgerollten Genua. Ein flacherer Schnitt sorgt für mehr Vortrieb bei weniger seitlichem Druck.

Der Nachteil dieses Segels besteht allerdings darin, dass es sich nicht mehr durch simples an der Reffleine ziehen eindrehen lässt. Um die Segelfläche weiter zu verkleinern hätten wir die Fock wieder komplett bergen und stattdessen die Sturmfock setzen müssen. Da es aber noch nicht unbedingt notwendig war, und wir gerade so noch Kurs halten konnten, konnte sich keiner zu der Arbeit auf dem Vorschiff überwinden. Denn wieder einmal spielten unsere Mägen verrückt. Wir dachten, die Seekrankheit in solchem Ausmaß hinter uns gelassen zu haben. Dennoch war uns allen schlecht und ich musste mich mehrfach Übergeben. Mittlerweile sind wir uns sicher, dass es wohl eine Kombination aus Seekranheit und einer Lebensmittelvergiftung war. Das Wasser aus dem Backbord Tank schmeckte irgendwie komisch und wir hatten zuvor auch einen nicht mehr ganz so frischen Salat gegessen. Durchfall bekräftigt unseren Verdacht.

Irgendwann schaffte ich es zumindest den Wassertank zu wechseln und den Kolefilter zu tauschen. Die Wellen waren hoch und steil. Immer wieder krachten sie über das Deck und fluteten das Cockpit. Fast drei Tage lang streckten wir unsere Körper nur alle 15 – 20Minuten für einen kleinen Rundumblick und eine Korrektur der Segelstellung aus dem Niedergang. Meistens waren wir schon nach Sekunden klitschnass und nachdem die letzte Unterhose tropfte erledigten wir diese Aufgabe nackt, nur mit Schwimmweste bekleidet. Wer nicht Schicht hatte schlief. Und auch der Wache haltende schlief meistens und wurde durch einen Wecker an seine regelmäßige Pflicht erinnert. Zu Essen gab es Zwieback und einmal sogar Nudeln mit Ei und Zwiebel.

Nach zwei Tagen war der Spuk, welcher in keinem Wetterbericht auftauchte, vorbei. Der nächste Tag (vierter Reisetag ) diente der Erholung. Wind und Welle waren weniger, unser Drang zu schlafen blieb derselbe. 

In nur 700m Entfernung passiert uns ein Tanker

Erst am fünften und letzten Tag waren wir wieder voll hergestellt und konnten die letzten 150 Seemeilen wieder im Cockpit sitzend genießen. Wir segelten mittlerweile wieder vor dem Wind und kamen zügig voran. Es war, wie wenn nichts gewesen wäre.

Am ersten April um vier Uhr morgens schmissen wir nach rund fünf Tagen Fahrzeit und 650 Seemeilen unseren Anker in der Quarantänezone vor Port Luis am Südwestende Grenadas. Am nächsten Morgen sollten wir für einen weiteren Coronatest im Yachtclub von Grenada vorstellig werden. Der Weg dorthin ist nur mit dem Dinghy zu machen und da unseres ja noch kaputt ist, hatten wir Glück, dass uns ein anderer Segler welcher auch zum Test und in Quarantäne musste mitnehmen durfte. Diese Absprache konnten wir telefonisch direkt mit der Gesundheitsbehörde vor Ort treffen. Da wir alle Papiere im Vorhinein im Internet auszufüllen hatten, verlief das Testen reibungslos. Sobald wir die Ergebnisse haben, dürfen wir das Boot wieder verlassen und die Gänge zu Zoll und Einwanderungsbehörde erledigen. Wir wollen anschließend erstmal ein paar Tage in einem Hafen festmachen, um das Dinghy zu reparieren/ reparieren zu lassen, das Boot komplett tiefenzureinigen und ein paar weitere kleine Reparaturen und Wartungen durchzuführen.

Ein kleiner Einblick in die aktuelle TO DO Liste:

  • Dinghy Reparatur
  • Wanten nachspannen
  • Motorenraum: Öle und Ölfilter wechseln, Dieselfilter Wechseln, Dieseladditiv besorgen, Keilrimen,etc überprüfen, Impellercheck/ wechsel, Seewasserfilter reinigen
  • Deck putzen und polieren
  • Scheuerleiste schrubben
  • Sprayhood nachnähen und reinigen
  • Polster, Kissen, Gemüsenetze, Regenjacken/ -hosen, Schmutzwäsche waschen
  • Alle Fächer und Schubladen auswischen
  • Bilge putzen
  • Bodenbretter putzen
  • Winschen reinigen und neu fetten

Es gibt noch einige Punkte mehr auf dieser Liste. Die hier genannten sind nur die Aufgaben, die sofort erledigt werden sollen. Die restlichen lassen sich auch noch etwas aufschieben – Wir wollen ja schließlich auch noch die Insel erkunden und ein wenig Karibikstimmung aufkommen lassen.