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Auf Cooks Spuren

von | Aug 6, 2023 | Pazifik, Vanuatu

Die zweieinhalbtägige Überfahrt von Neukaledonien nach Vanuatu verlief ohne Probleme. Wir hatten auf ein günstiges Wetterfenster gewartet: ein Tiefdruckgebiet, dass in etwa 400- 500 Seemeilen südlich von Neukaledonien nach Osten zog, „stoppte“ die Passatwinde und bescherte uns ein dreitägiges Fenster mit Winden aus Südwest. – Wir hatten den Wind im Rücken!

Gegen Mittag gingen wir in Noumea Leinen los und segelten noch bis in die Nacht in der geschützten Lagoon von Neukaledonien. Erst kurz vor Mitternacht – rechtzeitig zur Slacktide erreichten wir den Pass und den offenen Ozean.

Der Wind war nicht sehr stark, blies wohl mit 10 – 13 Knoten (mein Windmesser ist seit der Überfahrt von Sydney nach Neukaledonien kaputt), aber der Seegang war unruhig und traf das Boot seitlich. Die Segel schlugen hin und her und um den Vortrieb nicht komplett zu verlieren, mussten wir für lange Zeit den Motor mitlaufen lassen. So hielten wir eine Geschwindigkeit von vier bis viereinhalb Knoten.

Erst am letzten Tag nahm der Wind so weit zu, dass sich die Segel prall füllten und wir mit fünf, manchmal sogar mit bis zu sechs Knoten gegen Norden rauschten! Am Vormittag machte ich eine kurze Kalkulation mit dem Ergebnis, dass wir unsere schnelle Fahrt sogar abbremsen müssen, um unser Ziel Port Resolution auf der Insel Tanna nicht vor Sonnenaufgang zu erreichen.

Port Resolution ist kein offizieller Einklarierungshafen, aber ich hatte vor Abreise bei den Behörden um eine Sondergenehmigung gebeten und die Erlaubnis erhalten die Formalitäten dort erledigen zu können. Lenakel, der eigentliche Einklarierungshafen liegt in einer absolut ungeschützten Bucht im Westen der Insel. Hoher Seegang und brechende Wellen machen eine Landung dort sehr nervenaufreibend und gefährlich.

Als Capitain Cook 1774 mit seinem Schiff der RESOLUTION auf Tanna landete, dachten die Männer, dass ein riesiges Feuer auf der Insel wütete. Schon bald fanden sie jedoch heraus, dass es sich hier nicht um ein Feuer, sondern um einen Vulkan handelte.

Auch wir sahen den orange – rot leuchtenden Himmel über der Insel während unserer letzten Nacht auf See und schmissen den Anker nur unweit der Stelle, wo seiner Zeit auch Captain Cook ankerte.

Port Resolution ist ein Dorf mit ungefähr 400 Einwohnern und entspricht genau dem, was man sich von einem melanesischen Dorf erwartet:

Durch einen schmalen Pfad am Strand entlang gelangten wir zu dem Weg, der in das Dorf führte. Zu unserer Überraschung sprach fast jeder – sogar die kleinen Schulkinder – ziemlich gutes Englisch. So dauerte es nicht lange, bis wir das Ungefähre wie, was und wohin erfahren hatten.

Ein Mann namens Stanley – ein Künstlername, den sich die Yachtis leichter merken können, ist für die Boatpeople verantwortlich. Er half uns Kontakt mit den Behörden aufzubauen und organisierte, dass die Beamten vom Zoll ein paar Tage später mit dem Auto zum kleinen „Yachtclub“ kamen und uns einklarierten.

Jeder hatte seine Aufgaben und ging im Tagesverlauf seinen Geschäften nach. Wenn wir durch das Dorf spazierten, ließen sich die Bewohner kaum stören, wir grüßten freundlich, hatten hier und da nette Gespräche mit den Erwachsenen und spielten mit den Kindern. Wir waren dort weder Fremde von denen man sich scheu zurückzog, noch Touristen, denen andauernd Sachen zum Kauf angeboten wurden. Vielmehr wurden wir behandelt wie Nachbarn – als ein Teil der Community!

Als die Leute vom Zoll ein paar Tage später kamen und uns einklarierten, nutzten wir die Gelegenheit, um einen Platz auf deren Rückweg auf die andere Seite der Insel zu ergattern. Wir hatten weder Bargeld noch Sim-Karten und all das war eine zweieinhalbstündige Fahrt mit dem Pick-up entfernt.

Die Straße nach Lenakel ist eigentlich kaum als Straße zu beschreiben. Der Weg ist eine holprige, steinige Piste, die sich erst durch den Dschungel schlängelt, sich dann über eine offene flache Ebene am Vulkan vorbeizieht und sich schließlich in unglaublich steilen Serpentinen über die Berge bis auf die Westseite der Insel windet. Unterwegs legten wir immer wieder kleinere Stopps ein und die Zöllner verkauften den Fang der Fischer aus Port Resolution.

Ein Highlight der Insel ist der aktive Vulkan Mount Yasur: Von Port Resolution aus wanderten wir morgens, zusammen mit einigen Locals, in das am Fuße des Vulcans liegende Dorf Iguaramanu.

Die Insel feierte eine Festwoche zwischen dem internationalen Kindertag und dem Unabhängigkeitstag Vanuatus. In Iguaramanu fanden die ganze Woche lang Sportwettkämpfe statt. Es wurde Fußball und Volleyball gespielt, es gab einige Box-Turniere und die Zuschauer saßen und lagen am Spielfeldrand und verfolgten das Treiben.

So auch wir. Unsere Tour zum Krater startete erst am späten Nachmittag und so verbrachten wir den Vormittag in der Sonne am Sportplatz.  Zu Mittag aßen wir in einer kleinen Hütte, einem kleinen Shop, auf dem Boden sitzend einen Teller Reis mit Gemüse.

Die paar Höhenmeter zum Gipfel des Vulkans wollten wir eigentlich laufen, aber als uns das dritte Auto überholte und anbot uns mitzunehmen sprangen wir letztendlich doch hinten auf die Ladefläche.

Rund eine Stunde waren wir oben am Rande des Kraters und starrten in das Loch hinunter. Der Wind war kräftig und fuhr manchmal so stark durch uns hindurch, dass man unwillkürlich ein paar Schritte nach hinten machte, um nicht in den Schlund hinab geschoben zu werden. Es roch schwefelig. Immer wenn ein Windstoß durchgezogen war, lichtete sich der Rauchvorhang und man konnte einen Blick in die glühende Gesteinsmasse werfen.

Was anfangs mit ein paar Explosionen und Ausbrüchen begann, steigerte sich mit dem Sonnenuntergang in ein richtiges Inferno! Jeder Lavaausbruch wurde von einer markerschütternden Explosion begleitet. Glühende, sich noch in der Luft verformende Gesteinsbrocken wurden mehrere duzende Meter in die Luft geschleudert und regneten mit dumpfen Schlägen zurück auf den unsichtbaren Boden. In das glühende Loch zu schauen, fühlte sich an wie dem Tor zur Hölle höchstpersönlich gegenüberzustehen.

Am nächsten Tag, unserem letzten in Port Resolution und auf Tanna war ich mit Alfred verabredet. Er lebt von Geburt an auf Tanna und wollte mir zeigen, wie man eine Steinschleuder baut. Ich brachte meine alten Harpunengummis mit, da ich gehört hatte, dass sie sich bestens zum Schleuderbau eignen sollen.

Als Alfred sie jedoch sah, wurde er kurz nachdenklich und bot mir dann ein Tausch an: Er behielt die alten Gummis für seine Harpune und überließ mir im Gegenzug seine eigene Steinschleuder. – Deal! Da wir jetzt nichts mehr zu tun hatten, lud mich Alfred auf einen Spaziergang zu seinem Garten und seinem Lieblingsplatz am Meer ein.

Auf dem Weg erklärte mir Alfred all möglichen Dinge über die Inselkultur, die „Entdeckung“ durch Captain Cook und den Einfluss der Missionare. Er zeigte mir verschiedene Pflanzen und Früchte, die sich zum Essen eignen, in seinem Garten schnitten wir ein paar neue Ableger Taro und Zuckerrohr und pflanzen sie in ein schnell mit der Machete ausgehobenes Loch.

Dieser Beitrag wird Unterstützt von der

Gipser Haustechnik GmbH

Die Gipser Haustechnik GmbH ist ein Familienunternehmen aus meinem Heimatdorf Schondorf. Seit 1934 realisieren sie Träume und Ideen in allen Bereichen der Haus und Gebäudetechnik.

Er erklärte mir:  Das Leben ist ruhig und entspannt. Wer aber faul ist, wird hungrig. Neue Pflanzen zu pflanzen gehört zur täglichen Aufgabe. Wer das nicht macht, hat im neuen Jahr nichts zu essen.

Jeder im Dorf hat eine bestimmte Aufgabe, ein Totem. Diese Aufgabe wird in der Familie weitergegeben. So ist beispielsweise Stanleys Totem das Boot – er ist für die Segler verantwortlich. Andere haben vielleicht das Totem der Bananen. Sie sind Experten und kümmern sich um den Erhalt der Bananenstaude. So gibt es die Fischer, Metzger, Konstruktoren, Gemüsespezialisten, und so weiter.

Um sich gegenseitig auszutauschen, treffen sich die Männer einmal am Tag, um vier Uhr, am Nakamal. Dies sind heilige Plätze, immer vor einem bestimmten Baum, den Nabuk. Es wird Kava getrunken und die wichtigsten Themen des Tages werden besprochen. Frauen dürfen daran traditionell nicht teilnehmen. Mittlerweile gäbe es aber auch Frauentreffen im Dorf, erzählt Alfred. Und mit seiner Frau trinkt er auch zuhause im Privaten gerne Kava.

Alfreds Totem ist das Meer. Er zeigte mir sein eigenes Meeres Reservat. Jegliche Wasseraktivität ist hier verboten. Er beobachtet das Korallenwachstum und das Wohl der Fische. Hin und wieder hat er auch schon mit Wissenschaftlern Proben genommen und an Konferenzen in der Hauptstatt teilgenommen.

Während wir Zuckerrohr und Kokosnuss kauend am Wasser saßen, sprachen wir auch über den Klimawandel und seine Folgen: Wir; Europäer, Amerikaner, Australier und Asiaten sind maßgeblich für die Erwärmung der Erde und den steigenden Meeresspiegel verantwortlich. Die Inselbewohner hingegen leben im Einklang mit der Natur, müssen aber die Konsequenzen tragen. In den letzten 10 Jahren verschwanden ungefähr 10 Meter Küstenlinie Tannas‘ im Meer. Die Zahl der Zyklone, die schon immer Teil des Lebens der Melanesier waren nehmen an Häufigkeit und Intensität immer weiter zu.

Der letzte Zyklon im März dieses Jahres zerstörte viele Hütten der Menschen und die komplette Obsternte. – Noch immer gibt es kaum Obst auf der Insel. Alfred weiß all das, macht mir oder „dem Westen“ jedoch keinerlei Vorwürfe. „Es passiert eine Veränderung. Wir müssen alles Mögliche dafür tun zu informieren und aufzuklären, um diese Veränderung aufzuhalten oder einzubremsen. Das funktioniert aber nur wenn wir miteinander reden und zusammenarbeiten“.

Auf seiner Insel möchte er die traditionellen Weisheiten mit modernen Erkenntnissen kombinieren und so eine Lösung für seine Leute finden.

Die ganzen schönen Erfahrungen aus Vanuatu waren leider immerzu von einem leichten, dunklen Schatten bedeckt: Zum ersten Mal auf meiner Reise hatte ich so große Probleme mit einer Mitseglerin, sodass ich mich entschließen musste, sie im nächsten Hafen von Bord zu werfen. Was anfangs großen Spaß versprach entwickelte sich zu einem solchem Desaster, dass wir die letzten Stunden sogar auf der lokalen Polizeidienststelle verbrachten:

Für die geplante Passage von Neukaledonien über Vanuatu bis nach Papua Neuguinea suchten Annika und ich ein weiteres Crewmitglied zur Unterstützung. Ungefähr eine Woche vor Abreise in Neukaledonien lernten wir vor den Duschen zufällig eine Australierin kennen, die perfekt ins Team zu passen schien. Jung, energisch, ein bisschen Segelerfahrung und vor allem motiviert. Wir sprachen sogar davon, dass sie bis nach Indonesien mit an Bord bleiben könnte. – Aber schon in Neukaledonien hatten wir unsere ersten Streitpunkte:

Bei unserem Großeinkauf im Supermarkt hatten wir uns extra besprochen, ob es uns wert ist, einen Honig für 20€, oder eine Butter für 10€ zu kaufen. Wir einigten uns die Sachen zu kaufen, doch zurück am Bord stellte sich heraus, dass sie die Dinge einfach gestohlen hatte.

In Vanuatu, beim Besuch des Vulkanes wollte sie dann die Ticketverkäufer verarschen und den Eintritt prellen. – Ich sagte ihr jedes Mal meine Meinung dazu und forderte sie auf, sich, solange sie bei mir an Bord ist und wir als eine Gruppe auftreten, ehrlich und aufrichtig zu verhalten.

Die Australierin hingegen rechtfertigte alles mit ihrem „Freigeist“ und äußerte Annika gegenüber, dass sie kein Bock auf Männer hat und schon gleich gar nicht auf Männer, die irgendeine Art von Autorität ausstrahlen. – Man kann sich vorstellen, dass unsere zwei Seiten so nicht gut zusammenpassten.

Am darauffolgenden Morgen suchte ich das Gespräch und erklärte ihr, dass sie im nächsten größeren Hafen, Port Villa, das Boot verlassen muss. – In Port Resolution hätte ich sie nicht rausschmeißen können; dort gab es weder Supermarkt noch Hotel, noch Internet oder Geldautomat.

Die nächsten Tage waren anstrengend ohne Ende: Eineinhalb Tage dauerte die Überfahrt nach Port Villa und zwei weitere Tage gab ich ihr Zeit, ihre Sachen zu organisieren und das Boot zu verlassen. Mit der Restlichen Zeit auf Tanna waren das fünf Tage in denen sie ununterbrochen versuchte, mich zu provozieren und Annika und mich gegeneinander auszuspielen.

Sie fand zum Glück recht schnell eine Unterkunft, versuchte aber davon zu kommen, ohne mir meine Schulden zurückzuzahlen. Sie verlangte, erst alle Ihre Sachen von Bord holen zu können – ohne meine Anwesenheit an Bord, anschließend würde sie mir dann das Geld überweisen. – hahaha, guter Scherz!

Ich verneinte.

Da sie aber auch nach verschiedenen Kompromissangeboten von Annika und mir nicht bereit war ihre Schulden zu begleichen blieb uns am Ende nur der Weg auf die örtliche Polizeiwache. Es war mir ehrlich gesagt ein bisschen peinlich, aber der Polizist hörte sich über eine Stunde lang alles an und entschied schlussendlich, dass sie mir erst das Geld überweisen müsste, bevor sie ihr Gepäck holen könnte.

Anschließend war alles sehr schnell erledigt. Geld überwiesen, Sachen abgeholt, fertig!

Seit ein paar Tagen sind Annika und ich wieder zu zweit auf dem Boot und genießen die letzten Tage, bevor sie Mitte August von Port Villa aus zurück in Richtung Deutschland fliegt.

Bis nach Indonesien, wo ich am liebsten drei bis vier Monate verbringen möchte, sind es noch rund 20 Segeltage. Die Strecke kann entweder in Papua-Neuguinea, oder auf Thursday Island/ Australien – rund der Hälfte aufgeteilt werden und ich suche dafür neue Crew.

Wenn du etwa in meinem Alter bist, etwas Segelerfahrung und Lust auf eine ein- bis zweimonatiges Segelabenteuer hast, dann schreib mir doch eine Nachricht. Ende August/ Anfang September möchte ich die Weiterfahrt spätestens beginnen.