Vanuatu ist ein Land voll von Religionen, Myten, Bräuchen und Magie. Sie sind tief in der „Kostom“ Lebensweise verwurzelt und werden sorgsam mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Die Insel Ambrym; vielleicht durch die Kraft des Vulkanes; gilt als Hochburg des Zaubers.
Ambrym war die dritte Insel, die ich auf meiner Reise durch Vanuatu besuchte und liegt rund 100 Seemeilen Nördlich von Port Vila. Am frühen Nachmittag ging ich in Havannah – Bay Anker auf und winkte ein letztes Mal „Good Bye“ zu Andrew. Die Segel waren schnell gesetzt und durch einen kleinen Pass im Westen der Bucht gelangte ich wieder auf das offene Meer.
Bis zum Westzipfel Ambryms führte der Kurs ziemlich genau nach Norden, vorbei an Epi und den Dugong- Buchten im Süden von Malekula. Der Wind blies kräftig mit ungefähr 25 Knoten, aber die See blieb dennoch die verhältnismäßig ruhig. Das war gut! Denn seit meinem Trip nach Australien war es meine erste Solo Nachtfahrt.
Es waren keine weiteren Schiffe unterwegs. Ich schlief im Cockpit, da ich befürchtete, in der gemütlichen Koje liegend, meinen Wecker zu verschlafen und im schlimmsten Falle auf Grund zu laufen oder mit einem Fischer zu kollidieren.
Draußen an der kühlen, frischen Luft hingegen wachte ich beinahe automatisch alle 20 -30 Minuten auf, um Ausschau zu halten.
Den Westzipfel Ambryms erreichte ich gegen Mittag. Bisher war die Überfahrt recht entspannt, aber jetzt fegte der Wind wie durch einen Trichter zwischen Pentecost und Ambrym hindurch und stand mir auf den letzten 12 Seemeilen bis zum Ankerplatz voll entgegen.
Ich nahm die Schoten dicht und brachte WASA auf einen steilen Amwindkurs. Es war anstrengend und nass, aber auch sportlich witzig! Einhändig durch die Wenden zu steuern; gleichzeitig mit der Hüfte die Pinne bedienen und mit den Armen das Vorsegel wenden und dicht kurbeln; das Groß ausrauschen lassen, wenn eine der Fallböen ins Segel fahren und das Boot bis zur Scheuerleiste in das Wasser drücken.
Fünf bis Zehn Wenden später fiel der Anker auf einem kleinen Fleckchen Sand vor einem kleinen Dorf, unweit von meinen Freunden Scott und Mia von SY TENGARAH. Wir hatten uns hier verabredet um gemeinsam das „Back to the roots Festival“ anzuschauen. Ein Festival, das die Bewohner Ambryms geschaffen haben, um Touristen einen Einblick in ihren Kostom und ihre Tänze zu geben.
Sechs Yachten waren zu diesem Anlass zusammengekommen! Am frühen Morgen trafen wir uns alle am Strand, um zusammen mit unserm Guide die 45Minuten bis nach Olal, Ort des Geschehens und Zuhause von Paramount Chief Sekal zu spazieren.
Nachdem das geschäftliche geregelt war, folgte eine kleine Begrüßungsrede von Chief Sekar, die uns unser Guide übersetzte. Dann ging es ein paar Minuten weiter in den Busch hinein zum Nakamal, einem heiligen Ort für Tänze und Rituale, der nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen für Frauen oder Touristen zugänglich ist.
Ich muss zugeben, ich war anfangs doch ziemlich skeptisch: „Ein duzend weiße Touristen auf einem Bänkchen im Busch, die einer Handvoll Locals, die nicht einmal das Programm zu kennen schienen, beim Tanzen zusehen?“.
Jene Skepsis verflog schlagartig als die ersten Töne auf den Buschtrommeln geschlagen wurden und die Tänze begannen! Jeder einzelne Tänzer hatte mindestens den Rang eines Chiefs (Das ist etwa so, wie wenn all unsere Bürgermeister des Landkreises zum Volkstanz im Bierzelt zusammenkommen würden) und war mit nicht mehr als einem Namba, einem Penishalter, „bekleidet“.
Der Tanz bestand zum Großteil aus Stampfen, schütteln und ließen zusammen mit den tiefen Klängen der Buschtrommeln den Boden und unsere Körper vibrieren. Die ganze Gruppe verfiel wie in Trance und war auf die Trommeln in der Mitte des Kreises fixiert. In unregelmäßigen Abständen riss sich einer aus der Gruppe heraus, umkreiste sie wild schreiend, um sich anschließend wieder in seinem alten Platz einzufügen.
Zurück an Bord sehnte sich mein Körper nach einer Mütze Schlaf, doch als ich am Abend wieder aufwachte war ich voller Tatendrang. Ich beschloss noch einmal an Land zu rudern und ein bisschen zu spazieren. Unterwegs traf ich drei Junge Kerle, 14 & 16, die auf der Jagd nach Flughunden waren. Kurzerhand fragte ich, ob ich mitkommen könnte. – „Klar“!
Ich flitzte schnell zurück zum Boot, holte meine Steinschleuder und eine Taschenlampe, dann machten wir uns auf den Weg: Die drei machten sich etwas lustig über mein Steinsortiment und überließen mir dann stolz einige ihrer guten Steine.
Zwei von uns leuchteten mit starken Taschenlampen durch die Gipfel der Kokosnusspalmen, wo sich die Flughunde durch ihre leuchtenden Augen verrieten. Hatten wir einen entdeckt hieß es „Feuern, was das Zeug hält!!“.
Getroffen haben wir an dem Abend leider(?) nichts und nach rund zwei Stunden mussten die Jungs auch wieder nach Hause. Für sie alltag, für mich eine weitere mega coole Erfahrung! Wir haben gequatscht, gelacht und MIT STEINSCHLEUDERN IM WALD GESPIELT!! – ist das nicht der „kleine Jungens Traum“?
Das Highlight der Show am nächsten Tag war die Aufführung des ROM – Dances. Es ist der höchste Tanz im Ambrym- Kastom und wird nur im Norden der Insel praktiziert. Die Tänzer tragen traditionell geschnitzte Masken, deren Farben aus Pflanzen und Wurzeln des Waldes gewonnen werden.
Es ist nur Mitgliedern der höchsten Ränge gestattet, ROM Masken zu fertigen oder den ROM Dance zu vollführen. Der Tanz wird üblicherweise bei wichtigen Kostom Ereignissen, wie der Beschneidung der Jungs oder der Eröffnung eines neuen Nakamals, getanzt und die Kostüme anschließend verbrannt.
Viel Sitzen, wenig Bewegung – Das ist Manchmal die nachteilige Seite des Segelns. Deshalb, und weil ich vom Tanna – Vulkan so begeistert war, sprach ich mit unserem Guide, wie es am besten möglich sei, den Ambrym Vulkan zu besteigen. Er beriet sich mit seinen Leuten und telefonierte ein paar Mal hin und her. Dann eröffnete er mir, wie ich bereits gelesen hatte, dass der Vulkan heilig ist und man nur mit einem Führer das Plateau besteigen darf! Außerdem erklärte er mir, dass der Vulcan seid einer Eruption 2015 nicht mehr aktiv sei. – „Upsi!“, Da waren meine Quellen wohl veraltet.
Mit dieser Reise erfülle ich mir meinen Traum. Wenn auch du mich dabei unterstützen möchtest freue ich mich sehr über eine symbolische Einladung zu einer Brotzeit!
Vielen Dank!
Macht nichts! Eine ordentliche Wanderung hat noch keinem geschadet. Ich konnte sogar den gesamten Rest unserer kleinen „Segler- Family“ überreden mitzukommen! So lichteten am nächsten Tag sechs Boote Anker und segelten drei Seemeilen an der Küste zurück nach Ranvetlam. Hier startete die Tour und ich hatte uns für den nächsten Morgen, im Dorf verabredet.
Der Morgen wurde ein klassischer Fall von „Island – time“: Als wir pünktlich um halb sieben im Dorf aufschlugen, war niemand zu sehen. Aus ein paar Hütten konnte ich noch müde Augen herausluken sehen und erkundigte mich nach Sammy unseren Führer.
Wie sich herausstellte war Sammy der Schuldirektor und nur Mittelsmann für die Wanderung. – Die meisten jungen Männer waren am Tag zuvor auf der Jagt nach wilden Kühen und heute dementsprechend müde. Desshalb sei noch kein Führer gefunden, er würde sich aber darum kümmern.
Auch die Antworten auf unsere Fragen, „wie weit?“, oder „wie lang?“, die Wanderung sei, waren wie gewohnt eher vage: „Ah, es ist ein langer Weg.“, „vielleicht 10 Stunden“, sagte der eine. Der andere meinte, „es sind 10 Kilometer.“. Und wieder ein anderer gab nur zu bedenken, „ihr solltet bald los, es ist ein langer weg.“.
Wir einigten uns darauf, die ersten fahrbaren Kilometer auf der Pritsche eines Pick ups abzukürzen und schließlich war auch ein Guide gefunden. Schuldirektor Sandy kam auch mit! – Es war erst das zweite Mal, dass er den Vulkan bestieg. – das letzte Mal spuckte er noch Lava!
Die goldene Regel auf der Pick-up Fahrt war, dem Fahrer zu vertrauen und jedes Mal, wenn er hupte schnell den Kopf einzuziehen um herunterhängenden Ästen auszuweichen.
Nach etwa einer halben Stunde hielten wir an. – von nun an ging es nur noch zu Fuß weiter. Wir wanderten erst durch tiefen Jungle, immer entlang eines schmalen Pfades, den Berg hinauf, bis wir das Kraterplateau erreichten.
Die Ebene schien endlos, eingeschlossen von den Vulkankratern am Horizont. Bis vor ein paar Jahren gab es hier einzig und allein schwarzen Stein und grauen Staub. Die Luft muss schwefelig gerochen haben und die säure der Gase machte jegliches Leben unmöglich.
Jetzt sprießen in der fruchtbaren Vulkanasche eine Vielzahl von Gräsern, Palmen und sonstigen Pflanzen. Außerdem hatten wir Glück mit dem Wetter. Normalerweise regnet es hier oben nahezu dauerhaft, doch so, im strahlenden Sonnenschein war es die Idylle schlechthin.
In einer kleinen Laube, die normalerweise den Jägern als Unterschlupf dient aßen wir unser mitgebrachtes Mittagessen. Dann ging es weiter die verbleibenden Höhenmeter bis zum Gipfel. Der Weg gestaltete sich nicht gerade als einfach: Immer wieder versperrten kleine Kletterpartien oder nasse, glatte Steilhänge den Weg, doch unsere Gruppe war allgemein fit und wandererfahren. Was schön war, denn so konnten wir alle zusammenlaufen und mussten nicht immer wieder aufeinander warten.
Oben angekommen war der Ausblick überwältigend! Vor uns der tiefe Krater, aus dem immer noch Rauchschwaden aufstiegen und hinter uns die endlos scheinende, grüne Hochebene.
Kurz vor Erreichen des Dorfes passierten wir durch einige neu errichtete, traditionelle Hütten, die in ihrer Anordnung fast an ein eigenes Dorf erinnern könnten. In ihrer Mitte trohnte……. Eine Starlink Antenne!
Schulleiter Sandy erklärte: Vor rund 5 Jahren hat er hier eine Schule gegründet. Davor gab es keine, die Kinder gingen entweder nicht zur Schule, oder mussten ihre Familien verlassen und auf anderen Inseln den Unterricht besuchen. Ambrym ist viel zu klein um genügend qualifizierte Lehrkräfte für alle Altersgruppen anzusprechen
Sandys Idee war, eine Internet Schule einzurichten: Die Schüler können zusammen im Klassenzimmer lernen -die Lehrer werden per Video zugeschaltet. Allerdings war die Bandbreite des Internets viel zu schwach für einen effizienten Unterricht für viele Schüler.
Deshalb war es für Sandy ein Glücksfall, als Starlink als Reaktion auf die Cyclone im Frühjahr sechs Starlink- Set- Ups an Vanuatu spendete. Seitdem läuft der Unterricht ruckelfrei und er konnte sogar das Schulprogramm erweitern: In den neuen Hütten werden aktuell Kinder von drei verschiedenen Inseln in allen Jahrgängen von 1 bis 13 unterrichtet. Die weit angereisten können im angeschlossenen „Internat“ unterkommen.
Zum Abschluss des erfolgreichen Tages luden uns Sandy und seine Frau dazu ein, am nächsten Tag, nach der Kirche, zum Laplap – essen vorbeizukommen. Laplap ist ein traditionelles Gericht aus Taro oder Yams, der gestampft wird und zusammen mit Gemüse und etwas Fleisch in Bananenblätter eingepackt wird und anschließend in einem Erdloch mit heißen Steinen gekocht wird. Es wird mit Kokosnusscreme serviert und mit den Fingern gegessen!
Mhhh!!!