Die eineinhalb Monate seit meiner Abfahrt auf den Malediven kommen mir vor wie ein Film: Piraten, Explosionen, Raketen- und Luftangriffe. Am Ende des Streifens bricht auch noch mein Mast.
Ich weiß, in meinem Blog hat sich eine ganz schöne Lücke aufgetan! Seit meiner Ankunft auf Lombock im November habe ich bereits mehrere tausend Seemeilen im Kielwasser gelassen. Wir besuchten Indonesien, Malaysien, Singapur, die Malediven und Djibuti.
Es gab keinen neuen Artikel mehr, nicht weil ich keine Lust hätte einen zu schreiben – nein, ich verspüre sogar immer wieder große Lust das Erlebte in einen Text zu packen. Aber ich schaffe es nicht. Es war und ist einfach zu viel zu tun! Wir verbrachten viel Zeit auf See. Die Landaufenthalte waren kurz und oft sehr mühsam. Ich werde das noch nachholen, aber jetzt muss erst Mal der Beitrag hier sein! Zu viel ist passiert; zu intensiv waren die Eindrücke:
Als ich von Male (am 16.Februar) in Richtung Djibuti aufbrach, dachte ich zu wissen was auf mich zukommen würde. Ich wusste von der potenziellen Gefahr von Piratenangriffen, oder Atacken der Huthi Miliz. Über Monate hinweg hatte ich das Geschehen in der Region beobachtet, Angriffe auf andere Schiffe (meistens kommerzielle Schifffahrt) analysiert und mit anderen Seglern zusammen Entwicklungen bewertet.
Ich hatte mich mit den Meldungen der UKMTO (United Kingdom Maritime Trade Organisation) und den Empfehlungen der MSCHOA (Maritime Security Center Horn of Africa) befasst. Am Ende bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Risiko für mich, als privater, kleiner Segler ausgeraubt oder von 100.000$ schweren Raketen abgeschossen zu werden, gering ist. Ein Umweg um das Kap der guten Hoffnung birgt auch Gefahren und hätte mich gut und gerne ein Jahr mehr Zeit gekostet. – Ich wollte die Fahrt durch den Golf von Aden & das rote Meer wagen!
Eine gute Freundin, die mich auf dem ersten Teil bis Djibuti begleiten wollte, musste leider kurz vor Anreise ins Krankenhaus (es geht ihr zum Glück wieder gut!!). Spontane neue Mitsegler zufinden gestaltete sich angesichts der Route als schwierig. So startete ich alleine.
Der Wind war die gesamte Überfahrt lang eher schwach. Im Durchschnitt segelte ich gerade einmal 3,1kts schnell und brauchte so für die 1800 Seemeilen über 24 Tage! Langsam zu segeln macht (mich) mürbe. Vor allem auf eine Überfahrt, auf der man Gefahr läuft, überfallen zu werden. Es wäre schon schön gewesen, ein bisschen zügiger unterwegs zu sein und nicht auf dem Servierteller durch das all you can eat Buffet zu dümpeln.
Um mich während der Ansteuerung des Sicherheitskorridores (IRTC = internationally recomended traffic corridor) im Golf von Aden etwas unsichtbarer zu machen, stellte ich mein AIS in den Silent Mode. Ich konnte also sehen, von anderen aber nicht gesehen werden. Außerdem vermied ich es unter allen Umständen zu funken, demontierte meinen Radarreflektor und leuchtete nur die Positionslichter auf Deckshöhe anstatt der weit sichtbaren Dreifarbenlaterne im Mast.
(Im Folgenden lasse ich viele der zusätzlichen Herausforderungen aus: Müll in Windfahnensteuerung, kaputter Autopilot, Schlafenzug, gerissene Segel, Wutanfälle, kaputte Lichtmaschine, etc. – Es würde sonst den Ramen des Artikels noch mehr sprengen als es eh schon tut.)
Wenn ich nicht gesehen werden kann, dann musste ich folglich dafür sorgen, so gut es geht, dass ich andere sehe, bevor wir uns gefährlich nahekommen würden. Mein Bett richtete ich mir deshalb aus Isomatten und Sitzpolstern im Cockpit ein und schlief von da an immer unter freiem Himmel. Immer etwa eine bis zwei Stunden am Stück, maximal. Je nachdem, ob ich Schiffe in der Gegend vermutete oder nicht.
Wenn ich gerade nicht unter Deck zugange war, oder schlief, klebten meine Augen am Horizont. Auch wenn ich mir selber einredete „alles ist OK“ und wusste, das Risiko von Piraten gesehen zu werden ist gering; im Unterbewusstsein hatte ich Angst. Andauernd griff ich nach dem Fernglas und drehte meine Runde.
Ich segelte bereits in der Hochrisiko Zone; es war der zehnte Tag auf See, als plötzlich ein Skiff zwischen den Wellenbergen auftauchte. „Wo ein Skiff ist, ist meist mindestens noch ein zweites! Und höchstwahrscheinlich auch ein Mutterschiff!“, schoss es mir durch den Kopf! Fischer benutzen diese Boote zur Jagt nach Tunfisch. Aber Piraten benutzen dieselben, oft gekaperten Boote für den Fang von Menschen, Schiffen und Geld! Und so beobachtete ich. Beobachtete durchs Fernglas und peilte, ob sich an unserer Entfernung irgendetwas verändern würde.
Erst als ich einen Frachter auf dem AIS auftauchen sah, konnte ich mich ein wenig beruhigen. Ich funkte ihn an und fragte ihn, ob er aufgrund seiner erhöhten Position etwas mehr erkennen könne: „Yes Sir, I can see at least 2 motherships and about six speedboats. I think you can relax. This looks very much like regular tuna fishing.”
Ich hatte mich noch nicht ganz abgespannt, da hörte ich ein Rauschen neben dem Boot – Das Geräusch eines über Wellenberge rasenden Skiffs ist unverkennlich! Noch während ich mich umdrehte, dachte ich: „Das wars! – Jetzt wird’s so richtig scheiße!“
Aber nicht Piraten, sondern eine riesige Wand aus Delfinen, bestimmt über 200 Tiere, raste springend, offensichtlich jagend, auf mich und WASA zu. So etwas hatte ich noch nie gesehen! „Was ist hier los?! – das ist doch nicht normal.“.
Doch schon am nächsten Tag wurde das Erlebte in den Schatten gestellt. Es war Nachmittag. Schon wieder stierte ich viel zu lange auf den Horizont. Ich war verdutzt. „Stand da gerade eine Säule?“; „Fange ich jetzt an zu spinnen, oder wie?“.
Doch! Da war sie schon wieder. Ganz eindeutig! Ich griff zum Fernglas und es dauerte nicht lang, da hatte ich sie genau vor mir: Eine Explosion! Die Gläser holten sie ganz nah an mein Auge : Erst ein weißer Knall, dann so etwas wie aufspritzendes Wasser und zum Abschluss eine Rauchsäule, die sich nur langsam wieder in Luft auflöste.
Ich war überrumpelt, wusste nicht so wirklich was zu tun war. Immerhin kamen die Detonationen nicht näher! Ich sah aber auch weit und breit kein anderes Schiff, auch nicht auf dem AIS. Um die 20 Explosionen zählte ich, die immer etwas weiter den Horizont entlangwanderten.
Ich meldete die Gesehnisse an die UKMTO:
„SY WASA observed Explosions.0950 UTC at 13°08.639N 059°07.740E: I saw multiple explosions & smoke at a bearing of 335°, just under my visible horizon. Is there any military exercise in place? Best regards, Paul”
Antwort: “Good morning and thank you for your report. UKMTO will pass your information on, but we would not be made aware of any operations. Kind regards, UKMTO”
Ich wusste nicht so richtig ob sie mir Glauben schenkten. Glaubte ich mir selbst? – Ich wusste es selbst nicht mehr. Doch kurz darauf wurde ich von weiteren Explosionen bestätigt: Das war echt!
Am letzten Tag vor meiner Ankunft in Djibuti – Tag 23 auf See, schrillte es mal wieder aus dem Funkgerät. Doch diesmal klang die Meldung ganz anders als das übliche Bla Bla: „Rettungsinsel gesichtet“, … Schiff getroffen“, …“abandoned ship”… „Indian Warship, this is US coalition forces airplane. Do you have any updates?”, … “21 rescued, 2 crew & armed guard still missing.”.
Scheiße! Was war das den schon wieder? – Just in dem Moment flog ein Flugzeug im Tiefflug über meinen Kopf. Ich wusste es nicht. Ich wusste schon wieder einmal, wie schon die ganze Zeit, wenn irgendetwas passierte, nichts! Seit 23 Tagen dümpelte ich in meiner eigenen Blase umher und wusste nicht, was um mich herum, irgendwo, vor sich ging.
Den Funkverkehr zu stören, um nachzufragen fiel mir gar nicht erst ein! Da hatte jemand wesentlich besseres zu tun, als meine Fragen zu beantworten. Und die Navy wusste, dass ich da war. Hätte ich also von irgendeiner Hilfe sein können, sie hätten sich gemeldet.
Ich bereitete mich auf eine weitere unruhige Nacht vor. Mittlerweile gingen mir die Erlebnisse echt nahe. Und das wurde nicht besser, als ich gegen Mitternacht eine Nachricht von einem Reporter der amerikanischen ABC News auf dem Satellitentelefon hatte: Die True Confidence wurde versenkt, anscheinend mit Todesopfern, ich wäre das nächste Schiff am Unglücksort gewesen. – Ob ich etwas gesehen oder gehört hätte?
Scheiße! Schon wieder Scheiße! Der Namen! Den hatte ich erst in der vorangegangenen Nacht gehört! Über Funk wurde ein Schiff mit genau diesem Namen gewarnt, über eine Stunde hinweg, immer wieder! Von wem auch immer.
Mich hatte die sich wiederholende Meldung am einschlafen gehindert und irgendwann so genervt, dass ich sie sogar aufgezeichnet hatte: „True Confidence[…], your request to proceed through Bab el Mandeb is prohibited! Captain, please change your course to another destination! Otherwise, you are responsible for all actions taken against your ship! [..]”
Anstatt dem Reporter zu antworten, schrieb ich meinem Dad. Ich musste wissen was hier los war! Aber es war noch zu früh. Die Meldung hatte es noch nicht einmal ins Internet geschafft. Erst um einiges später konnte mir mein Vater die Nachrichten weiterleiten: Frachter von Huthi Rakete versenkt. Drei Menschen tot. – Und das weniger als 10 Seemeilen von meiner Position entfernt.
Als ich in Djibuti ankam, wurde ich sogleich von meinen Freunden begrüßt! Mann, hatte ich mich darauf gefreut endlich mit jemandem sprechen zu können, jemanden in den Arm nehmen zu können! Schnell aber kamen wir zum Relevanten: Ein Wetterfenster tat sich auf. Am Sonntag begann perfekter Wind für die Durchfahrt von Bab el Mandeb. Alle würden fahren! An die Zehn Boote warteten hier und die meisten kannte ich.
Unter keinen Umständen würde ich das Fenster verpassen; und alleine hier hocken; ohne zu wissen, wann sich das nächste Auftun würde. Ich hatte also zwei, genauer gesagt zweieihalb Tage Zeit wieder abfahrtbereit zu werden! Ein halber Tag ging drauf zum Einklarieren; und Bier trinken. – bis spät in die Nacht. Also blieben nur noch zwei zum Lichtmaschine tauschen, Windfahne reparieren, Boot putzen, Wäsche waschen, Wasser auffüllen, Diesel nachtanken, Einkaufen, Geld abheben und Ausklarieren. Das wäre nie zu schaffen gewesen ohne die Leistung meines Agenten! (Nichts geht hier ohne Agenten)
Am Sonntag mit Sonnenaufgang legten wir ab. „Wir“, das sind Paul C. (Big Paul) auf SY CORRYVRECKAN 2 sowie Bill und Xixi auf SY CAJUCITO und meine Wenigkeit. Wir hatten uns zusammengetan, um als Flotille immer in Sichtweite zu segeln. So konnten wir uns gegenseitig unterstützen: Wenn einer schlief, konnten die anderen Wache halten. Wir konnten Einschätzungen über Funk miteinander diskutieren.
Wir flogen regelrecht durch Bab el Mandeb! 25 – 35 Knoten von achtern und bis zu 2 Knoten Strom schoben uns mit bis zu 8 Knoten schnell voran. Yippieh!!
Unsere Strategie funktionierte gut. Während Big Paul für mich wachte, schaffte ich es sogar trotz meiner Aufregung manchmal eine Stunde am Stück zu schlafen. – Bis es in der zweiten Nacht plötzlich um uns herum krachte. Oder vielmehr: wummte!
Immer wieder färbte sich der Horizont im Süden und Südosten von uns orange. Wie bei einem entfernten Gewitter sah es aus -nur mit mehr orange. Plötzlich waren Flugzeuggeräusche direkt über mir zu hören und nur Augenblicke später sah ich riesige Feuerbälle hinter uns in den Himmel aufsteigen.
Ich weiß nicht mehr, was ich dachte. Auf jeden Fall fing ich an zu zählen: 25! Ich kam bis 25, bis ich die Schockwellen der Explosionen spürte; und hörte! Das hieß, das diese Explosionen maximal neun Kilometer von mir entfernt waren! Ich hört das Flugzeug zurückkommen und hoffte dass die nächste Ladung nicht uns gelten würde.
Hoffen! Denn wieder einmal wusste ich – wussten wir nicht was passiert war. Erst am nächsten Tag erreichten uns die Meldungen von Freunden und meinem Vater: Es war ein Vergeltungsschlag, ein Luftangriff der US – Streitkräfte gegen die Huthi!
Es ging weiter durch das Rote Meer in Richtung Suez. Mal mit dem Wind, Mal gegen den Wind (Das erklärt die Zick- zack Kurse auf meinem Tracker). SY Cajucito verließ unsere Flottille nach Suakin. Ihr Autopilot streikte und die beiden Segler steuerten praktisch schon seit der Abfahrt in Djibouti per Hand!
Big Paul und ich wollten ohne unnötige Zwischenstopps bis nach Suez segeln. Irgendwann, ungefähr auf Höhe der ägyptischen Grenze zum Sudan drehte der Wind erneut gegen uns und hämmerte mit über 33 Knoten auf uns ein. Ich hatte das Groß im dritten Reff und die Stagreiter- Fock gesetzt. So war ich schon im Sturm vor Australien gut gefahren.
Obwohl Paul und ich uns immer noch mit Wache halten abwechselten setzte mir das Wetter, die Wüstenkälte und das schwere Stampfen des Bootes ordentlich zu. Schlafen war kaum möglich. Wahrscheinlich war es auch den vorhergegangenen Strapazen geschuldet – in der Nacht halluzinierte ich zum ersten Mal vor Erschöpfung!
10 Stunden hielt die Front. Dann flaute der Wind langsam wieder ab. Nach und nach öffnete ich die Reffs, bis schließlich wieder volle Segel gesetzt waren. Ich schloss mich mit Big Paul kurz. Denn ich war im Arsch. Vollkommen. Fast den ganzen Tag hielt Big Paul für mich Ausschau. Ich lag im Bett, wo ich einiges nachzuholen hatte.
Auch als wir unsere Nachtwache begannen, bekam ich die erste Runde Schlaf. Ich zog mich aus und legte mich unten in meine Koje. Das Meer war ruhig. Ganz gemütlich segelte WASA, von der Windfahne gesteuert, mit 4 Knoten hoch am Wind.
Dann klopfte es plötzlich an die Bordwand.
Irritiert schnellte ich nach draußen! Es dauerte eine Sekunde – ich dachte ich halluziniere wieder, aber schon kam ganz trocken die Erkenntnis: Der Mast ist gebrochen. Knapp über der ersten Saling. Die Spitze baumelte im Wasser, die Segel und das Vorstag hingen verkrüppelt über die Reling.
Irgendwas in mir schaltete in den Automatikmodus. Ich ging wieder nach unten, zog Regenhose, Jacke und Stiefel an, Schnallte mir die Schwimmweste um die Brust, stülpte mir Handschuhe über und wuchtete die Werkzeugtasche ins Cockpit. Dann Griff ich zum Handfunkgerät und alarmierte Big Paul.
Mein erster Gedanke: „Alles ab!“ – meine Hand griff zur Akkuflex.
Dann der zweite Gedanke: „Versuch es wenigstens!“ (den Mast zu retten)
Ich schnitt erst das Großsegel von den Mastrutschern und konnte so das erste Kuddel Muddel lösen. Der Mast hing noch an einigen Kabeln oben an der Bruchstelle fest. Ich legte ein Seil um die Mastspitze und kurbelte sie über die Winsch, seitlich am Heck des Schiffes nach oben; sicherte die Mitte mit einem weiteren Fall am Maststummel und griff dann die Machete. Ich kletterte die paar Meter am Mast empor und durchtrennte die Kabel mit einigen kräftigen Hieben. Sofort sackte der Mast ab und kam, nahezu perfekt, knapp über Deckshöhe zum Stillstand (oder Stillliegen?) in den vorbereiteten Seilen.
Ich konnte dann – wie, das weiß ich immer noch nicht genau, das Verbogene Vorstag mitsamt Segel an Bord ziehen und verzurren. Anschließend blieben nur noch ein paar Falle und Wanten, die ich einsammeln musste, bevor ich den Motor starten durfte.
Über Satellitentelefon kontaktierte ich MSCHOA und meine Eltern, erklärte die Situation und dass ich Port Bernice, einen 60 Seemeilen entfernten Militärhafen unter Motor ansteuerte. Trotz der Erschöpfung die ich spürte, konnte ich nicht schlafen. Zu viel Adrenalin?! Außerdem war ich jetzt nahezu unsichtbar: Das AIS war ohne Funkantenne auf dem Mast auch tot. Zwischen den Wellen gab ich nur ein minderwertiges Radarecho ab und ich hatte lediglich die (erst vor kurzem getauschten) Positionslichter an Bug und Heck um von anderen Schiffen erkannt zu werden.
Bis um vier war ich wach. Dann weiß ich nichts mehr. Als ich wieder aufwachte, war die Sonne schon längst aufgegangen und die ersten Umrisse der Küste schälten sich aus dem Dunst. Kaffee! Und eine Dose Thunfisch! Und Kekse. – besser!
Das Adrenalin war verflogen und ab und an ebbte ein Schluchtsanfall durch meinen Körper. Als ich dann kurz darauf das mir entgegenkommende Schiff der Küstenwache sah, musste ich schreien, und heulen.
Alles, was danach geschah ist wie eine Andeutung auf ein baldiges Happy End in der Geschichte:
Die Küstenwache hat gleich zwei Schiffe nach mir ausgesandt. „Navy Boat 12“, dass mich als erstes, etwa 15 Seemeilen vor dem Hafen empfing und mich fortan durch die Riffe in die Hafeneinfahrt leitete. Und „Navy Boat 604“, dass etwas später von See kommend zu uns stoß und mich (nach kurzer Abklärung über etwaige Kosten – keine) in Schlepp nahm und mich so vor Sonnenuntergang in den Militärhafen von Port Bernice brachte.
„604“ fuhr sofort wieder auf See hinaus, aber Captain Hossam von Navy Boat 12 und Commander Nosir des Stützpunktes nahmen mich am Pier in Empfang. Wir sprachen über das, was passiert ist, was ich glaubte, machen zu müssen, um eine sichere Weiterreise antreten zu können und wie wir das schnellstmöglich bewerkstelligen könnten.
Ich bekam zu Abendessen und einer der Offiziere lieh mir sein Handy, sodass ich über den Hotspot mit meinen Eltern und Freunden telefonieren und Nachforschungen anstellen konnte. Dann versuchte ich zu Schlafen.
Schon am nächsten Tag, ich war gerade dabei Ordnung in das ganze Chaos an Deck zu bringen, kam Nosir mit „good news“ vorbei. Er hatte ein Problem an die Militärtechniker weitergeleitet und zusammen mit seinen Vorgesetzten Spezialisten aufgetan, die schon am nächsten Tag kommen wollten, um eine erste Reparatur des Mastes vornehmen zu können. – Ich solle ihn am besten gleich Mal ausmessen!
Dabei muss man beachten, dass Port Bernice mitten in der Wüste liegt und sich dort außer dem Militärstützpunkt nichts, aber auch wirklich gar nichts befindet! Die Techniker reisten über 400km aus Safaga an. Bis sie plötzlich mitten in der Nacht vor der Türe standen hatte ich so weit alles vorbereitet: Segel, Wanten, Falle waren entfernt und die beiden Mastteile mithilfe einiger Männer an Land gebracht.
Dann parkte ein Auto am Pier und im Scheinwerferlicht des Karrens wurden Schweißgerät, Flex und zwei große Hammer ausgepackt, mit denen sogleich angefangen wurde auf den Masten einzudreschen. – Ich verfiel kurz in Panik! – „Ja was machen die denn?!“ Die Techniker sprachen kein Englisch und ihre Vorgehensweise war; sagen wir mal; deutlich derber als das, was ich mir irgendwie erwartet hätte!
Aber zurück mit der Erinnerung: „We are in the fucking Desert! – They will know what they are doing!”
Und das taten sie! Mit bloßen Hammern formten sie aus einem Stück Kriegsschiffboden eine Art Hülse, die um den Mast gestülpt wurde. Sie wurde an einer Hälfte angebracht, erst verbolzt, dann passend gedängelt, angeschweißt. Anschließend das andere Maststück eingeführt, ausgerichtet und mit 2 Schweißunkten angeheftet. Dann wieder: erst bolzen, dängeln und schweißen. Zack! Peng!
Nach vier Stunden war das Werk vollbracht; binnen 5 Minuten das Werkzeug eingesammelt, das Auto zuckelte abfahrtsbereit. Ich zahlte die abgemachten 200$, bedankte mich und entschuldigte mich noch einmal ganz schön beschämt über meine erste Reaktion bei den beiden Metallern! Nosir übersetzte und Ich glaube sie haben mich verstanden…
Ein Tag verging, indem ich versuchte aus meinen übriggebliebenen Wanten ein Rigg zu improvisieren und schon am Tag darauf rollte ein Kran vor, mit dem wir den Mast wieder stellten. Den verbliebenen und noch einen weiteren Tag konnte ich raushandeln um die Wanten zu spannen, die Segel zu flicken und klar Schiff zu machen.
Dann, so merkte ich, war es an der Zeit Militärbasis wieder Militärbasis sein zu lassen, mich noch 1000-mal zu bedanken und Abschied zu nehmen. Ich war und bin noch immer sehr gerührt von der Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft aller beteiligten! Sie halfen mir nicht nur bei der Reparatur, sondern Ich konnte jeden Tag für ein paar Stunden das Internet benutzen, ich bekam täglich Frühstück und Abendessen und konnte mit einigen der Jungs etwas lachen – auch wenn wir uns nicht immer (sprachlich) verstanden.
Und auch von anderer Seite bekam ich wahnsinnigen Rückhalt und Support:
Die Nachricht über meinen Unfall verbreitete sich wie ein Lauffeuer und ich bekam unglaublich viele liebe und aufbauende Nachrichten von Freunden, Bekannten und Fremden!
Viele spendeten in meiner Brotzeitkasse, damit ich mir die nachfolgende Reparatur, oder den Austausch des Masten (ein 100- prozentiger Masterplan steht noch nicht) leisten kann. Ein Freund, Zander, der mit seiner Frau Yvette auf ihrem Boot im Pazifik Mastbruch erlebten, setzte für mich eine Gofund.me Seite auf, um mich zu unterstützen. – Auch dort ist schon eine beträchtliche Summe zusammengekommen. Das Ziel sind 5000$ um die Reparatur auf Zypern zu ermöglichen!
Und ich kann nicht viel mehr sagen als „Danke!“. Tausend Dank an alle die mich hier in irgendeiner Weise unterstützen. Ohne eure Hilfe könnte ich meinen Traum faktisch nicht zu Ende segeln!
Ich arbeite mich gerade in kleineren, vorsichtigen Hopsern weiter in Richtung Etappenziel Suezkanal vor. Von dort aus möchte ich in einem günstigen Wetterfenster nach Zypern/ Limasol segeln, wo ich schon in Kontakt mit einem Boatyard bin, auf dem ich die endgültige Reparatur durchführen kann!
Ich halte euch auf dem Laufenden.