Blog

Start » Blog » Einhand durch die Torresstraße

Einhand durch die Torresstraße

von | Nov 4, 2023 | Indischer Ozean, Indonesien, Pazifik, Vanuatu

Im September bin ich einhand von Vanuatu nach Indonesien gesegelt. Mein Weg führte durch die Torresstraße, die Meerenge zwischen Australien und Papua Neu Guinea, und war knapp 2200 Seemeilen lang. Damit ist die Überfahrt die längste Strecke, die ich jemals einhand gesegelt bin.

Bevor ich nach dem Verproviantieren und Ausklarieren jedoch in See stach, verbrachte ich drei Tage mit Sarah und Josie in einer kleinen Bucht, südlich von Luganville. Wir hatten tagelang an unseren Booten gearbeitet und Sahras und mein Geburtstag standen vor der Tür.

Der perfekte Anlass also, die Seele baumeln zu lassen, schnorcheln zu gehen, und am Lagerfeuer beisammen zu sitzen. Die Mädels luden mich zu einem Geburtstagsfrühstück auf MANURIKI ein und überraschten mich sogar mit einem frisch gebackenen Geburtstagskuchen. – Yumm!

Leider konnte meine Abreise nicht für immer vor mir herschieben. So schwer es mir viel, mich von diesem fantastischen Land und meinen neuen Freunden zu verabschieden, genauso freute ich mich bereits auf die anstehende Überfahrt. Ganz im Gegensatz zu meinem letzten Einhand – Trip fühlte ich diesmal eine tiefe Gelassenheit und konnte es kaum erwarten die ersten Meilen im Kielwasser zu lassen!

Einmal auf See dauerte es trotzdem eine ganze Weile, bis ich meine Seebeine wiederfand. Während den ersten vier Tagen auf See hatte ich ordentlich zu kämpfen: Ich passierte Neu Kaledonien im Norden, es war kalt und der Ozeanswell kam aus unterschiedlichen Richtungen. Als Folge rollte das Boot hin und her und machte den Bordalltag zu einer echten Herausforderung.

Nachts versuchte ich stündlich Ausschau zu halten. Das war aber, gegeben der Tatsache, dass die ganze Zeit nicht ein einziges Boot zu sehen war, viel zu viel des Guten.

Ohne sie irgendwo lokalisieren zu können, empfing ich am dritten Tag einen Funkspruch der französischen Marine. Sie erkundigten sich nach meinem „Woher“ und „Wohin“, fragten meine Crew und Schiffsdaten ab und wünschten mir dann eine gute Fahrt. Sollte ich in den nächsten Tagen Hilfe brauchen solle ich mich einfach auf Kanal 16 bei ihnen Melden. – gut zu wissen!

Am vierten Tag wurde ich Seekrank: Trotz aller Gegenmaßnahmen musste ich mich Abends übergeben und richtete mir anschließend mein „Sturmbett“ auf dem Boden im Saloon. Binnen Sekunden fielen mir die Augen zu und ich schlief durch bis zum nächsten Morgen. – Keiner meiner Wecker schaffte es mich zu wecken.

Wahrscheinlich hatte ich den Schlaf bitter nötig. Am nächsten Morgen war ich wie neugeboren. Ich war hungrig, ausgeschlafen und voller Tatendrang. – Ich hatte meine Seebeine zurück!

Mein Kurs verlief mehr oder weniger westlich und etwa 150 Seemeilen südlich, parallel zur Küste Papua-Neuguineas. Ziel des ersten Abschnittes war es Raine Island zu erreichen, um von dort aus die Passage durch die Torres Straße zu starten.
Freunde von mir hatten mir hatten mir eine Route durch das Great Barrier Reef empfohlen und mich mit den richtigen GPS-Wegpunkten versorgt ( Aus „Cruising the Coral Coast“ von Alan Lucas), doch dazu später mehr.

Bis dahin war das Segeln ziemlich einfach. Der Wind war in Richtung und Stärke konstant, sodass die Windfahnensteuerung leichtes Spiel hatte, mich auf Kurs zu halten. Mein Track ähnelte zwar dem einer Schlange, doch im Großen und Ganzen steuerte ich in die richtige Richtung. Vier Tage am Stück hatte ich weder Pinne noch Segel nachjustieren müssen.

Die einige Herausforderung waren die immer häufiger auftauchenden Fischerboote. Sie waren zwar allesamt auf dem AIS zu sehen, doch fuhren sie derartige Zick- Zack- Kurse, dass ein geplantes Ausweichen nicht möglich war.

So hielt ich meistens Kurs, bis wir in Sichtweite gekommen waren und versuchte dann so auszuweichen, dass ich VOR dem Bug der Fischer passierte. Nicht immer war zu erkennen, ob sie lange Netze schleppten und mich darin zu verheddern wollte ich unter allen Umständen vermeiden.

Mit dieser Reise erfülle ich mir meinen Traum. Wenn auch du mich dabei unterstützen möchtest freue ich mich sehr über eine symbolische Einladung zu einer Brotzeit!

Vielen Dank!

Leicht war das allerdings nicht! Die chinesischen Kapitäne reagierten in der Regel auf keine meiner Funksprüche und änderten sogar noch 300 Meter vor meinem Bug ihren Kurs um 90° bis 180°.

Ansonsten verbrachte ich meine Zeit mit kleinen Näh- und Takelprojekten. So nähte ich zum Beispiel eine neue Scheide für meine Machete, übte ein paar Spleiße und versah alle Enden meiner Leinen mit schönen Taklingen. Außerdem las ich Bücher und schaute „Californication“, eine amerikanische Serie, die ich auf meiner Festplatte gespeichert hatte. – Irgendwann bemerkte ich, dass ich meine Logbucheinträge nicht mehr auf Deutsch, sondern ganz automatisch auf Englisch schrieb.

Jeden zweiten Tag stand eine Eimerdusche auf dem Programm und täglich kochte ich zwei bis drei Mahlzeiten: Es gab frische Salate, Suppen, Currys, Stirr- Fry oder Pasta Gerichte. Zudem galt die goldene Regel jeden Tag mindestens eine Zwiebel und einen Apfel zu essen. Mein Highlight des Tages, auf dass ich mich immer freuen konnte, war eine morgendliche halbe Pampelmuse, von denen ich 12 Stück gebunkert hatte.

Nach 12 Tagen auf See näherte ich mich schließlich dem Great Barrier Reef und dem Eingang zur Raine – Island – Passage durch die Torresstraße. Ich war aufgeregt!

Die Torresstraße verbindet den Pazifischen- mit dem Indischen Ozean. An der engsten Stelle liegen Australien und Papua-Neuguinea gerade einmal 90 Seemeilen voneinander entfernt und die wenigen schiffbaren Kanäle sind nur zehn bis zwanzig Meter tief. Nicht nur Segler und große Frachter quetschen sich durch die Mehrenge, sondern auch Ebbe und Flut strömen durch das Nadelör:  Im Prince of Whales Channel, dem engsten Punkt, sind Gezeitenströmungen von um die sechs Knoten keine Seltenheit.

Das ganze Gebiet ist sehr flach und mit Riffen gespickt. Nachts zu segeln war von dem her ausgeschlossen und für mich war es unabdinglich einen genauen Passage- Plan vorbereitet zu haben: Dazu hatte ich die etwa 150 Seemeilen von der Riffeinfahrt bei Raine Island, bis zum Ende des engen Fahrwassers ich in drei Abschnitte eingeteilt.

Ich timte meine Ankunft beim Raine Island Pass für Sonnenaufgang und schaffte es mit 25- 30 Knoten Wind im Rücken locker, die ersten 50 Seemeilen zu meinem ersten Ankerplatz bei Tageslicht zurückzulegen. Am späten Abend schmiss ich meinen Anker hinter einem der vorher ausgewählten Riffen und suchte – leider nur semi- erfolgreich, eine Mütze Schlaf.

Das Spiel wiederholte sich am nächsten Tag: Aufbruch bei Sonnenaufgang; schnelles Segeln durch türkises Wasser; ankern am späten Nachmittag; unruhiger Schlaf.

Ich lag nun hinter dem Harrington Reef und war nur noch 28 Seemeilen vom Prince of Whales Chanel entfernt. Ein letztes Mal studierte ich den Gezeitenatlas, nahm ein paar kleine Änderungen an meinem Timing vor und stellte den Wecker auf vier Uhr morgens.

Bei Flut strömt das Wasser nach Norden der Küste entlang und westlich durch den Prince of Wales Chanel. Bei Ebbe ist die Richtung umgekehrt. Hochwasser war für diesen Tag gegen Mittag vorhergesagt und so rauschte ich nach meiner frühen Abfahrt, angeschoben durch die Strömung mit sieben bis neun Knoten in Richtung Norden.

Gegen neun Uhr flogen Wednesday-, Thursday- und Hammilton Island an meiner Linken vorbei und um 11:40 notierte ich im Logbuch: „Habe den Prince of Wales Channel verlassen!“

Es war geschafft! Die Vorbereitungen und das frühe Aufstehen hatten sich ausgezahlt! Nichtsdestotrotz war ich hundemüde und als der langsam einsetzende Gegenstrom meine Fahrt auf zwei bis drei Knoten abbremste nutzte ich die Gelegenheit um noch einmal zu Kochen und mich anschließend schlafen zu legen.

Mit Fischern war hier noch nicht zu rechen – das hatte mir ein Frachter über Funk bestätigt. Ich hatte auf meinem Kartenplotter den Kursabweichungsalarm aktiviert und die großen Pötte machten sowieso über das AIS auf sich aufmerksam.

Sieben Tage lagen jetzt noch vor mir. Der Wind hatte im neuen Ozean merkbar abgenommen und auch der Seegang war trotz des immer noch flachen Wassers (60m) sehr moderat.

Nur die Menge an Fischerbooten nahm von Tag zu Tag weiter zu: Die Arafurasee ist wahnsinnig Fischreich (noch?!) und im Gegensatz zu Australien haben Papua Neuguinea und Indonesien keine, oder nur sehr bedingte Fischerei Restriktionen.

Tausende und tausende Fischer liegen hier vor Anker und haben ihre Leinen im Dauereinsatz! In meinen letzten zwei Tagen vor Ankunft segelte ich, nichts ahnend, durch eine immer dichter werdende Ansammlung von Fischern, bis es irgendwann so viele waren, dass die Lichterkulisse bei Nacht nicht von einer Großstadt zu unterscheiden war.

Irgendwann hatte ich mich sogar daran gewöhnt, dass ich im Vorbeisegeln die Stimmen der Crew an Bord hören konnte. -An schlaf war nicht zu denken! Nur manchmal, wenn ich gerade eines der Boote passiert hatte, stellte ich mir einen fünf Minuten Timer, kniete mich auf die Cockpitbank und ließ den Kopf in den Schoß sinken.

Ich erreichte Tual, mein Ziel auf den Kai Inseln am 30. September. Ich verbrachte rund 20 Tagen auf See und legte 2195 Seemeilen zurück!

Das Einklarieren dauerte zwei Tage, klappte aber auch ohne Agenten ohne größere Probleme! Erst Biosecurty, dann Immigration, weiter zum Zoll und zu guter Letzt zum Hafenmeister. In jedem Office fand ich nach einem kleinen Eisbrecher, „Selemat Pagi! Saya Paul dari Jerman dan saya ingin menyatakan.“, mindestens eine Person die etwas Englisch verstand und mir weiterhalf. Sogar die anschließenden Bootsdurchsuchungen waren von viel Lachen und von noch mehr Selfies begleitet.

Selemat Datang!