Meine letzte Woche in Grenada neigt sich dem Ende zu. Ich stecke mitten in den letzten Vorbereitungen für die nächste Passage. Meine Mama entspannt auf Curacao und mein Papa ärgert sich in Paris.
Wieso?
Meine Eltern und ich planen schon seit längerem uns auf Curacao wiederzutreffen. Von Deutschland aus ist die Insel deutlich einfacher mit dem Flugzeug zu erreichen als viele der anderen. Zudem liegt sie auf meiner Route in Richtung Panama und ergab somit den perfekten Treffpunkt. Mama ist direkt dort hingeflogen und bereits gut angekommen. Mein Papa wollte stattdessen die Gelegenheit nutzen und mit mir zusammen die 430 Seemeilen von Grenada aus dorthin zurücklegen. Da „Spice Island“ gerade leider nur sehr eingeschränkt zu erreichen ist, hat mein Papa, auch um etwas billiger wegzukommen, einen Flug über die USA gebucht. Was er nicht wusste: Aktuell dürfen Reisende aus der EU nicht ohne triftigen Grund in die USA einreisen und auch nicht im Transit passieren. Beim Umsteigen in Paris und nach fünfstündigen Anstehen in der Schlange vorm Schalter wurde er abgewiesen.- Das Flugzeug flog ohne ihn.
In Frankreich wurde ausgerechnet an dem Tag gestreikt. Nichts ging vorwärts, ewige Schlangen.
Glücklicherweise wohnt die Mama meines Onkels in der französischen Hauptstatt und konnte ihn aufnehmen. Wir sind alle Möglichkeiten durchgegangen, wie wir Papa doch noch nach Grenada bekommen könnten. Aber keine Chance. Die Urlaubszeit meiner Eltern ist begrenzt, Quarantänezeiten lang. Hätten wir den Segeltörn unbedingt zusammen durchziehen wollen, hätten wir in Kauf nehmen müssen, meine Mama gar nicht mehr zu sehen.
Jetzt fliegt mein Papa nach Curacao, trifft sich dort mit Mama und ich segle alleine. Was schade für mein Papa ist,denn er wollte unbedingt Segeln. Für mich ist es auch schade, aber nicht allzu schlimm. Ich möchte schon seit langem eine Solopassage segeln, erfahren wie das ist.- Ob ich damit klarkomme wenig zu schlafen, alleine zu sein und ob ich das Boot im Griff habe? – Die Strecke eignet sich gut dafür. Ich plane mit ungefähr vier Tagen auf See. Der Wind bläst zwar kräftig, aber noch im Ramen und wird immer von hinten kommen. Recht annehmbare Bedingungen also. Hoffentlich. Etwas gespannt bin ich doch auch!
Quasi gerade noch rechtzeitig ist auch ein Paket meiner Eltern hier in Grenada angekommen. Schon seit unserem Aufbruch in Lanzarote hatten wir nach einem geeigneten Lieferort gesucht. Jetzt endlich ist es da. Das natürlich nicht ohne die ein oder andere Hürde beim Zoll: Angefangen damit, dass das Paket nicht wie gedacht bei DHL ankam, sondern bei der lokalen Poststation. Im Gegensatz zur deutschen Zweigstelle ist die Zollabfertigung dort nicht ganz so einfach. Normalerweise, egal wo, müsste ich eingeführte Waren nach lokalem Steuersatz versteuern. Da ich allerdings auf einem Boot reise und der Paketinhalt das Land auch auf diesem Boot wieder verlässt, konnte ich ein spezielles Dokument beantragen und musste dann nur noch 2.5% des Warenwertes versteuern. Dafür rannte ich fünf Stunden lang von Postamt zu Zollbüro, vom Zollbüro zum Zollbroker, füllte tausende Zettel aus, konnte dann aber endlich das Paket in Empfang nehmen. Naja, fast. Vorher stand noch die Überprüfung des Inhaltes zusammen mit der Zöllnerin an…
…Und manchmal merkt man, wenn etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Der Blick der Zöllnerin und die Frage beim Öffnen des Paketes, „Do you smoke drugs?“, bestätigte die Vorahnung. Meine Mama hatte das Paket liebevoll mit ökologischem und nachhaltigem Verpackungsmaterial verpackt. – Aus Hanf.
Hahah, es hat ein wenig gedauert, die Dame davon zu überzeugen, dass ich nicht versuche Drogen zu schmuggeln, sondern vielmehr einfach nur Plastik in Verpackungen vermieden werden sollte. Am Ende konnte ich meine Unschuld relativ einfach mit der Website des Verpackungsmaterialherstellers beweisen und alles war gut.
Ich stehe mittlerweile total auf Kakao! Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber Grenada ist bekannt für seine Kakaokultur und den vielleicht besten Kakao weltweit. Auf Wanderungen über die Insel habe ich immer wieder Kakaobäume gefunden, die aufgrund des Klimas ganzjährlich unter nahezu perfekten Bedingungen wachsen.
Auf Grenada wachsen drei Sorten von Kakao: Forastero, Criollos und Trinitarios. Welche der drei ich hier erwischt habe kann ich aber nicht sagen.
Ein „Cocoa Ball“ – für zwei bis vier Tassen Cocoa Tea.
Die Frucht schmeckt übrigens auch ungeröstet ziemlich gut. Im Inneren der Schale befinden sich die Kakaobohnen, welche wiederum von weißem süßlich, sauer schmeckendem Fruchtfleisch umgeben sind und sich wunderbar abzuzeln lässt.
Die Bohnen werden gröstet und gemahlen, anschließend entweder zu Schokolade weiterverarbeitet oder zu „Cocoaballs“ gepresst. Traditionell wird ihnen ein Tee Zubereitet. Hierzu wird zunächst Wasser mit Gewürzen wie Zimt, Muskatnus, Pfeffer, Zimt aufgekocht. Nach ca 10- 15 Minuten wird dann der oder die Cacoaball/s dazugegeben und das ganze noch einmal für 15 Minuten geköchelt. Anschließend schüttet man alles durch ein Sieb und kann dann den Geschmack noch durch etwas Milch und Honig nach persönlichen vorlieben verfeinern.
Cocoa balls sind wirklich pure Kakaokanonen! Alles aus der Bohne bleibt enthalten. Die Öle, sowie die Schalenreste beinhalten sogar einen geringen Koffeinanteil. So hat sich der „Cocoatea“ bei mir sogar als alternative zum Kaffee durchgesetzt.
Algen und Muscheln wachsen wahnsinnig schnell. Bevor es nach Curacao losgehen kann, muss der Bewuchs von Dinghy, Ankerkette und Bootsrumpf entfernt werden.
Wie üblich, sollte es hoffentlich klappen, meine Überfahrt auf der Karte zu tracken. (Um mich zu verfolgen einfach hier klicken.) Ich versuche zwei Mal pro Tag meine Position zu aktualisieren. Über AIS wird man mich nicht verfolgen können. Da ich sehr nahe an der venezolanischen Küste entlang fahre und es dort aufgrund der aktuellen Ausnahme- und Notsituation vermehrt zu Zwischenfällen kommt möchte ich inkognito bleiben. Ich habe dafür einen kleinen Schalter eingebaut, der es mir ermöglicht das Senden meiner Position zu deaktivieren wobei ich immer noch die Position anderer Schiffe empfangen kann.
Bis bald aus Curacao,
Paul