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Klein Curacao und großes Wiedersehen

von | Jul 24, 2021 | Atlantik, Curacao, Karibik

Lange hatten wir es geplant, endlich war es so weit. In Curacao konnte ich seit Verlassen der europäischen Festlandküste zum ersten mal meine Eltern wiedersehen.

Nach über drei Tagen alleine auf See, erreichte ich am siebten Juli endlich die schmale Einfahrt zu „Spanish Waters“, der Hauptankerbucht Curacaos. Die Einfahrt ist von außen nur sehr schlecht zu erkennen, weshalb ich mich darauf konzentriert die Karte auf meinem Handy mit den Umrissen an Land zu vergleichen.

Ich freute mich riesig, als ich nicht nur endlich die Einfahrt vor mir hatte, sondern auch meine Eltern entdeckte, die winkend am Strand auf mich warteten. Am liebsten hätte ich mich gleich an Ort und Stelle längsseits an den Pontoon gelegt und die beiden in meine Arme geschlossen. Doch das hätte höchst wahrscheinlich Ärger mit der Küstenwache und dem Gesundheitsamt gegeben. 

Um mich anzumelden, versuchte ich, als ich mich der Insel näherte über Funk Kontakt mit der Küstenwache aufzubauen. Das ist ein gängiges Vorgehen bei der Einreise mit dem Boot und gerade jetzt mit Corona legen einige Länder einen noch größeren Wert auf diese Formalität.
Nach einem kurzen Abfragen meiner Schiffsdaten und meinem Letzten „Port of call“, dem letzten besuchten Hafen, wurden mir GPS Koordinaten eines Ankerplatzes durchgegeben. Dort sollte ich warten, bis am nächsten Morgen ein PCR- Test gemacht werden kann. Bis dahin und weiter bis zum Erhalt der Ergebnisse durfte ich mein Schiff nicht verlassen!

Die Coastguard kam mit einem kleinen Patrouillienboot, inklusive Ärtzteteam längsseits zur WASA. Nachdem alle Personalien und Daten gecheckt und Formulare ausgefüllt waren, wurde mir, über die Reling beider Boote hinweg, ein wenig Gehirn aus meiner Nase gezogen und sorgfältig eingetütet.

Ich hatte während der gesamten Zeit keinerlei Internet- oder Telefonverbindung und daher keine Möglichkeit Informationen mit meinen Eltern auszutauschen. Mein Papa allerdings, war so Aufgeregt mich zu sehen, dass er bei einem kleinen Ausflugsboot nachfragte, ob sie ihn mitnehmen und bei mir vorbeifahren könnten.

Das klappte, es gab aber zwei Dinge die er vor Abfahrt nicht wusste.:

  • Auf dem Ausflugsboot befand sich eine Trauergruppe, die ihren Verstorbenen im Meer verstreuen wollten.
  • Es gab keine Möglichkeit irgendwo anders, außer bei mir am Boot wieder abzuspringen.

Er hätte rund zwei Stunden, mit der tatsächlich sehr gut gelaunten, freundlichen Trauergruppe auf ihrer Beerdigungsfahrt verbringen müssen und entschloss sich daher doch, das Risiko zu wagen und zu mir aufs Boot zu springen.

Halb so wild – in dem Moment war die Freude einfach größer als unsere Vernunft. (Und ich kam von einer Coronafreien Insel, voll geimpft und fünf Tagen alleine auf dem Boot)

Wir fielen uns in die Arme, drückten uns und tranken ein gemeinsames Ankerbier! Dann verabschiedeten wir uns schnell wieder bevor wir entdeckt werden konnten und ich gab meinem Papa noch mein Handfunkgerät mit, sodass wir uns von nun an informieren konnten, sobald es etwas neues gab. Schwimmend kam er wieder zurück an Land und machte sich auf den Weg zurück zur Unterkunft. 

Tatsächlich verging nicht einmal eine volle Stunde bevor sich die Küstenwache plötzlich wieder neben meinem Rumpf bemerkbar machte. Sie hatten meine Testergebnisse dabei. – Negativ! – Ich war frei und konnte am selben Abend auch endlich meiner Mama ordentlich „Hallo“ sagen!

Am nächsten Morgen zogen meine Eltern zu mir aufs Boot. Ich hatte ihnen die Bugkabine freigeräumt und ich schlief in der Heckkoje. Da das mit dem Vater – Sohn – Segeln nicht geklappt hatte und auch meine Mama wissen wollte, wie der Bootsalltag und das Segeln auf meinem kleinen Zuhause ist, fassten wir den Plan zusammen nach „Klein Curacao“ zu segeln und dort ein paar Nächte zu verbringen.

lein Curacao ist, wie der niederländische Name schon sagt, eine kleine Insel, etwa elf Meilen östlich der Hauptinsel Curacao. Die Insel ist unbewohnt, nur etwa drei Kilometer lang und einen Kilometer breit. Es gibt dort einen Leuchtturm, zwei Schiffswracks, einen Schildkrötenstrand und ein paar gelegentlich bewohnte Hütten, die als Basis für Ausflugsschiffe von Curacao dienen. „Klein“ ist umgeben von kristallklarem, auf der Wind abgewandten Seite türkisblauen Wasser. Nachdem es ein paar Meter flach in das Wasser hinein geht, fällt der Boden dann an einer Kante schlagartig von sieben auf bis zu dreißig Meter ab. Das Wasser ist voll mit Fischen, einigen Schildkröten, und Korallen. Die starke Meeresströmung sorgt für einen stetigen Austausch des Wassers.

 

Von „Spanish Waters“ aus gemessen, sind es nur rund 13 Seemeilen zu segeln. Da Wind und Strömung aber genau aus Richtung „Klein Curacao“ kommen mussten wir den gesamten Weg im Zick- Zack aufkreuzen. Aus 13 Seemeilen wurden 38! Wir waren über elf Stunden lang unterwegs und konnten am Ende, bei völliger Neumonddunkelheit, sogar den Leuchtturm der Insel als Navigationshilfe benutzen.

Es waren 11 harte Stunden. Hart am Wind, gegen die Wellen, gegen die Strömung. Mama und ich kämpften gegen Seekrankheit. Einmal versuchte ich, anstatt zu Segeln den Motor zu benutzen, um schneller ans Ziel zu kommen. Mit Vollgas erreichten wir zweieinhalb Knoten Geschwindigkeit – entgegen der Fahrtrichtung! So stark war die Strömung.

 

Der Screenshot von meiner Navigationsapp zeigt ganz gut unseren Zick Zack Kurs. Außerdem erkennt man, dass die Strömungsgeschwindigkeit „nach“ Curacao stark nachgelassen haben muss, da wir  dann plötzlich viel mehr Strecke nach Osten machen konnten.
Zu Beginn hochmotiviert, später doch alle eher schläfriger.

Die Anstrengungen hatten sich gelohnt. Der nächste Morgen belohnte uns mit einem fantastischen Blick auf die Insel und das unglaubliche, türkise Wasser. Wir erkundeten die Insel und verbrachten eine weitere Nacht an der Boje, bevor wir uns dann am Donnerstag wieder auf den Rückweg machten.

Der Rückflug meiner Eltern ging am Samstag und wir mussten noch die überprüfen, ob sich die Reisebestimmungen eventuell geändert hatten und sie vielleicht doch noch einen PCR Test bräuchten. Auf „Klein“ war das nicht möglich. Dort gab es weder Internet, noch Mobilfunknetz.

Für den Rückweg nach „Spanish Waters“ brauchten wir mit dem Wind und der Strömung nur knapp über drei Stunden. Und das, obwohl wir spaßeshalber, ohne den Motor zu benutzen nur unter Segeln in die Bucht einfuhren und auch das Ankermanöver unter Segeln vollendeten.

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