Nun, während den letzten Wochen war ich nicht wirklich fleißig mit meinem Blog. Das liegt daran, dass es hier viel zu schön ist um an irgendeine Art von Arbeit zu denken! Auf jeder Insel warteten neue Abenteuer und aus jeder Bucht gibt es einzigartige Geschichten zu erzählen!
Vor etwa einem Monat machten wir Landfall in Französisch – Polynesien. Es war komisch wieder an Land zu sein. Nicht etwa weil sich plötzlich der Boden unter den Füßen bewegte, sondern vielmehr weil mich die vielen ungewohnten Eindrücke berauschten. 34 Tage lang lebten wir in einer neun Meter großen Welt. Zu zweit; allein mit dem Wind und dem Meer. Plötzlich waren da Gerüche, Essen, Autos die lärmten, Menschen die sich bewegten und sogar mit einem reden wollten! – Auf Französisch!
Endlich wieder Boden unter den Füßen!
Das Ganze geschah vor einer Kulisse die nicht schöner hätte sein können! Gleich hinter einem schmalen streifen mit schwarzem Sand erhebt sich die Insel zu wilden, grünen Vulkanischen Bergen. Am Straßenrand stehen Palmen und in den Gärten wachsen stattliche Mangobäume. Früchte gedeihen hier generell überall! Grapefruit, Mango, Sternfrucht, Pomelo, Maracuja, Orangen und Zitronen.
Der erste Job nach Erreichen eines neuen Landes ist wie immer das offizielle Einklarieren und der damit verbundene Gang zu Zoll, Einwanderungsbehörde und Gesundheitsministerium. Manchmal nimmt das Prozedere Tage in Anspruch! Hier jedoch sollte alles recht einfach gehen:
Wir mussten uns schon vor Abfahrt in Panama mit all unseren Daten anmelden und mit einem Besuch bei der Gendarmerie sollte dann alles so weit erledigt sein. Der Spaziergang blieb allerdings erfolglos. Es war Feiertag und die Dienststelle deshalb geschlossen. – „Kommen wir halt morgen wieder!“
Da Nuku Hiva damals noch der einzige Ort zum Einklarieren in den Marquesas war, trafen wir im Ankerfeld das ein oder andere Boot wieder! GREAT CIRCLE und BLACK MOON erkannten wir, bei anderen Yachten waren wir uns sicher, sie bereits in Panama gesehen zu haben.
Wir blieben rund fünf Tage um unsere Wäsche zu waschen, einzukaufen, und Arbeiten am Laptop zu erledigen. Dann machten wir uns wieder segelfertig und fuhren mit Niels und Gretje (BLACK MOON) zur vier Seemeilen entfernten Bucht „Daniels Bay“. Es gibt dort in den Bergen einen Wasserfall, den wir erkunden wollten.
Am frühen Vormittag begannen wir den Aufstieg durch ein Tal, das von drei Familien bewirtschaftet wird. folgen einem Fluss, der sich durch den nicht enden wollenden Früchtegarten schlängelt. Arbeiter schlugen Bananenblätter von den Bäumen und verbrannten altes Laub. Am Wegrand weideten Pferde und einige Ziegen standen vereinzelt im Gebüsch.
Wir wanderten durch den Dschungel und stiegen immer weiter den Berg hinauf, bis wir nach zwei Stunden eine Art Lichtung erreichten. Zwischen zwei riesigen steilen Felswänden links und rechts führte der Pfad immer weiter durch hüfthohes, saftiges Gras, bis wir endlich den Wasserfall erreichten.
Es war die erste Wanderung seit Wochen und der Sprung in den Pool war unglaublich erfrischend!
Auf dem Rückweg tranken wir einen Smoothie (oder Smusi 😉) im Restaurant von Teiki und Kua. Nachdem wir unseren Eintritt nachbezahlt hatten, wurden wir mit frischen Mangos und saftigen Pomelos regelrecht überschüttet! – Jeder bekam so viel wie er irgendwie tragen konnte und wir machten uns auf den Rückweg zu den Booten.
Um den Tag zu perfektionieren, verabredeten wir uns mit unserer Gruppe zum Lagerfeuer am Strand. Jeder brachte was der Kühlschrank hergab! Mark und Ivana brachten Thunfisch, Nils und Gretje Hühnchen und wir, da wir keinen Kühlschrank haben, kneteten einen Stockbrotteig.
Das Wetter war perfekt und allen Anschein nach hatten alle Boote in der Bucht dieselbe Idee. Kaum war die Sonne verschwunden stapelte sich die Beiboote am Stand und Segler aus allen Herren Länder kämpften mit dem klebrigen Stockbrotteig und ihren Grillstöcken.
Es wurde ein sehr geselliger Abend und wir blieben bis spät in der Nacht am Strand, aßen Fisch, tranken Rum und tauschten Geschichten.
Der Wetterbericht kündigte für die kommenden Tage einen Winddreher an. Statt aus Südost soll der Wind für ein paar Tage aus Nordost drehen. Perfekt für uns, um bis zur südlichsten der Maquesas Inseln – Fatu Hiva – zu segeln.
Die Gruppe der Marquesas Inseln besteht insgesamt aus acht Inseln, von denen fünf bewohnt sind. Da der Wind meistens aus SE kommt und das Segeln mit dem Wind am angenehmsten ist, wäre es am sinnvollsten den ersten Stopp im Süden bei Fatu Hiva einzulegen und mit dem Wind, Insel für Insel nach Norden zu hoppen. Aufgund der Covidregelungen mussten wir jedoch ganz oben im Norden auf Nuku Hiva einklarieren. Unser Plan war es dann, einmal in den sauren Apfel zu beißen und uns zurück in den Süden zu kämpfen.
Mit dem oben genannten Winddreher schafften wir die 110 Seemeilen nach Fatu Hiva beinahe mit einem Schlag. Nur am Ende verlies uns unser Glück. Mit zwei Wenden mussten wir gegen den Wind aufkreuzen und schafften es deshalb nicht vor der Dunkelheit in die Bucht von Hanavave.
Der Ankerplatz ist schwierig; vor allem bei Nacht! Die Bucht ist eng und die Ufer fallen steil ab. Im flachen Wasser, bei fünf bis sechs Metern, findet der Anker in losem Geröll keinem halt und nur zwei Meter weiter stürzt der Grund auf 20 Meter tiefe ab!
Natürlich fing es auch noch an zu regnen. Der Wind kam von allen Seiten: Wenn er über die Insel fegt, wird er durch die Hohen Berge gebremst und stürzt anschließend in Sturmstärke den Hängen folgend in die Bucht herunter.
Drei Mal missglückte das Manöver. Die schwere Eisenkette mitsamt Anker jedes Mal Hand über Hand zurück auf das Deck zu hieven, raubte mir die letzte Kraft.
„Ein Mal noch, einmal können wir es noch versuchen!“.
Mir wurde schon beim letzten Mal schwindelig und ein fünftes Mal würde ich die Kette sicher nicht zurück an Deck bekommen. Wir würden heraussegeln und die Nacht treibend auf dem Meer verbringen müssen!
Doch dann hielt der Anker. In 20 Meter Tiefe haben wir durch Glück ein Fleckchen Sand erwischt; der Anker scheint sich eingegraben zu haben! Wir stecken insgesamt 50 Meter Kette- etwas zu wenig, aber alles was wir haben- und gehen schlafen.
Die Nacht war unruhig, doch als wir am nächsten Morgen aufwachten wurde uns klar, wieso Hanavave, die „Bay of Virgines“, als die Traumbucht schlechthin bekannt ist ist: Die Szenerie ist einzigartig! Das Tal ist eingekesselt von Hohen Bergen! Die Spitzen sind fast nie zu sehen, da sich die Wolken in ihnen verfangen. Alles ist grün, der Boden saftig und ein leichter Dunst liegt in der Luft. Im Vordergrund ragen drei Felsspitzen in die Höhe. Auf den Plateaus in schwindelerregender Höhe meckern Ziegen.
Wir lernten die Crew von „EMMA“ und „MOREA“ kennen. Zusammen wanderten wir zu einem Wasserfall und quer über die Insel. Ich verstand mich gut mit David, einem Local der mir vieles über die Tattookultur der Polynesier verriet und durch Adrian von „EMMA“ wurden wir zu einem gemeinsamen Abendessen bei Davids eingeladen.
Es gab Ziege gekocht in Kokosnussmilch, Poisson cru – roher Thunfisch in Kokosnussmilch mit Zitrone und Kräutern, gegrilltes Schwein, gekochte Bananen, Brotfrucht, Salat und Reis. – Es schmeckte himmlisch!
Theiki aus Nuku Hiva ließ sich von mir Potraitieren. Die Tatoos stehen für unterschiedlichste Dinge. Einige stehen ganz banal für die Marquesas Inseln, Fisch, das Universum, die Sonne. Andere wiederum können ganze Familiengeschichten erzählen. Das Design in der Mitte der Vergrößerung erzählt zum Beispiel, dass drei Familienmitglieder aus seinem Haus gestorben sind. Das Kreuz in dem Kreis auf seiner Backe ist das Kreuz der Marquesas Inseln: „Le grand Marquesian“!
Am 06. Mai ging es weiter nach Tahuata, der 40 Seemeilen nördlicher gelegenen Insel.
Emma kümmerte sich unterwegs um alles seglerische. Mir ist es beim heraufhoolen des Ankers so stark in den Rücken gefahren, dass ich mich kaum rühren konnte und den Großteil der Fahrt schlafend oder fluchend verbrachte.
Die Bucht im Süden der Insel erreichten wir gegen Abend. Ich nahm eine Tablette und wir gingen beide schnell ins Bett.
Am nächsten Morgen gab es ein paar Arbeiten zu erledigen: Als ich zwei Tage zuvor beim Lesen am Bug saß glitt mein Blick über die Befestigung des Vorstags. „ganz schön rostig da vorne!“. Mein Blick blieb eine Weile hängen und ich registrierte einen feien schwarzen Strich auf einem der Toggles (U- Verbindungsstück). Ein Haarriss im Metall! In der einzigen Sicherung des Mastes nach vorne! – Sollte sich das Vorstag lösen, kann der gesamte Mast brechen!
Zum Glück fand sich in der Ersatzteilkiste noch ein identisches Toggle. Ich demontierte das komplette Vorstag und ersetzte das gebrochene Teil mit dem neuen Stück. Alles wieder zusammengebaut und fertig! – Diesmal nur drei Stunden Arbeit, aber in Tahiti möchte ich den kompletten Bugbeschlag ersetzen. Der Edelstahl hat schon einige salzige Jahre auf dem Buckel und ist allem Anschein nach nicht ehr in bester Verfassung. Ich möchte hier kein Risiko eingehen!
Ein befreundetes Boot (BLUE BERYLL) hat gerade eben erst auf dem Pazifik Mastbruch erlitten. Yvette und Sander mussten über 2000 Seemeilen mit einem selbst konstruierten Notfallrig zurücklegen! Sie haben es zwar nach vier Wochen wohlbehalten bis nach Hiva Oa geschafft, aber die Fahrt war definitiv kein Zuckerschlecken! – Den finanziellen Schaden mal ganz aus und vor gelassen.
Die Ursache ist ungeklärt, die Rettung des Mastes war im Wellengang auf dem Pazifik unmöglich. Um weiteren Schaden am Boot zu verhindern haben die beiden die verbliebenen Wanten gekappt und den Mast zurückgelassen. Aus einem Spinackerbaum und Segelfetzen entstand ein Notfallrig. Durch fehlenden Druck im Schiff schaukelte das Boot hin und her. Überholende Segler versorgten die zwei mit Diesel und Schlaftabletten.
Mehr über unsere Abenteuer auf den Marquesas gibt es im nächsten Beitrag.Für Emma und mich geht es jetzt erst Mal weiter zu den Tuamotus. 400 Seemeilen trennen uns von den flachen Atollen, weißen Sandstränden und türkisem Wasser.
Bis bald,
Paul