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Pläne

von | Okt 22, 2021 | Atlantik, Panama

„Was ist für dich ein Plan? , diese Frage stelle ich auf dem Weg von Colon nach Boccas del Torro, Sofien. In Bezug auf meine Reisepläne fällt es mir nämlich gar nicht so leicht diese Frage zu beantworten. Klar, ich hatte immer eine grobe Idee, wohin es gehen soll, aber letztendlich waren die Entscheidungen dann doch eher kurzfristig und voll von Änderungen. Von Grenada nach Curacao, von Curacao nach Bonair, usw.

„Einen Plan braucht man, um an sein Ziel zu kommen. Man kann zwar orientierungslos darauf loslaufen, schauen was passiert. Aber wenn man sich Gedanken macht, Informationen sucht und Ideen sammelt, kann man sich sinnvoll und effektiv in Richtung Ziel arbeiten. Ein Plan verhindert planlos zu sein.“, meint Sofien und trifft es meiner Meinung nach recht gut.

Wieso frage ich ihn das? Zum einen, weil ich einen Einstieg in den Artikel suche. Zum anderen, weil ich bei meiner Ankunft in Panama alles, was bisher „geplant“ war, über den Haufen geworfen hatte und zum ersten Mal, seit Abreise in Deutschland, mal so richtig planlos war.

Wie lauteten denn die alten Pläne?

Sofien und ich hatten vor, von November bis Februar, bei „Sailcargo“, einer Werft an der nördlichen Pazifikküste Costa Ricas zu arbeiten.

„Unsere Mission ist es, den Wert einer sauberen Lieferung (im Sinne von Umweltschutz) unter Beweis zu stellen“ – Sailcargo.

Seit 2020 entsteht auf dem Boatyard in Puntarena das 46 Meter lange und 8 Meter breite Flaggschiff „Ceiba“. Nach geplanter Fertigstellung 2022 soll es in der Lage sein rund 250 Tonnen Güter entlang der amerikanischen Küste zu transportieren. Ein Mix aus alter Tradition, zusammen mit modernster Technik soll es möglich machen absolut emissionsfrei und effizient zu arbeiten. Hauptsächlich angetrieben durch die Kraft des Windes, bekommt „Ceiba“ zusätzliche Elektromotoren, die bei Manövern im Hafen oder bei Flaute zum Einsatz kommen. Während dem Segeln wird das Prinzip des Elektromotors umgedreht. Er funktioniert jetzt als Hydrogenerator, der zusammen mit anderen regenerativen Systemen die Batterien lädt.

Für uns als Bootsbauer ein wahnsinnig spannendes und inpirierendes Projekt. Alte Bootsbauertradition, gepaart mit modernster Technik. Die Bilder und Videos, veröffentlicht auf ihrer Website, Instagram (sailcargo) oder Youtube sprechen Bände! Schon vor unserem Aufbruch über den Atlantik hatte ich mich um eine Stelle beworben.

Nach unserem Zusammentreffen in Panama und einem kurzen Ausflug zu den San Blas hätten Sofien und ich zügig den Kanal durchquert und wären wahrscheinlich jetzt schon dabei, uns gegen Wind, Welle und Strömung entlang der Küste nach Norden zu kämpfen.

Nach drei Monaten Mindestaufenthalt hätte ich mich anschließend um mein eigenes Bötchen gekümmert, um es für die anstehende Pazifiküberquerung fit zu machen.

Was ist passiert?

Nun, ich bin ins Grübeln gekommen. Nach und nach geben immer mehr Ausrüstungsgegenstände den Geist auf und die Liste an anstehenden Reparaturen wird immer größer.

Während den acht Tagen Überfahrt nach Panama verfalle ich in eine regelrechte Denkspirale aus der ich erstmal keinen Ausweg finde:

Zum dritten Mal nähte ich unterwegs die Genua. Doch schon beim Hissen des Segels bemerkte ich ein neues Loch. Es sind die Kanten, denen das UV- Licht und das Salzwasser am meisten zugesetzt hat. Das Material ist Spröde und ohne eine professionelle Reparatur beim Segelmacher sieht es schlecht aus für das rote Tuch.

Das Beiboot leckt schon wieder. Mir fällt auf, dass mein Ruder immer noch quietscht und ich erinnere mich daran, dass die WASA einen neuen Anstrich Antifouling ebenso benötigt, wie ein neues Laminat am Hauptschott im Rumpf. Der Panamakanal wird all meine Ersparnisse verschlingen und bei „Sailcargo“ bekommen wir neben Kost und Logie lediglich ein kleines Taschengeld, das niemals reichen wird um all meine Kosten zu decken. Hinzu kommt, Ich kenne mich nicht aus in Panama. Wieder und wieder stelle ich mir dieselben Fragen. „Wie geht es weiter?“, „Wie soll ich das Bezahlen?“ und „Wo kann ich Geld für all die Reparaturen verdienen? Ich suche nach Ideen, kann sie aber über 400 Seemeilen entfernt vom Ufer nicht finden.

Fest steht, mein Traum Weltumsegelung lässt sich, so wie ich es möchte, nicht mit „Sailcargo“ kombinieren. Ich beschließe abzusagen.

Unterwegs ist viel Zeit zum denken…. zu viel?

 

Und wie geht es jetzt weiter?

Bei Sailcargo abzusagen bedeutete nicht nur einen Job zu kündigen. Mit der Entscheidung zerstörte ich auch alle Pläne, die ich zusammen mit Sofien geschlossen hatte. Ich fühlte mich richtig beschissen, als ich ihn anrief und die neusten Erkenntnisse mitteilte.

Ebenso erleichtert war ich aber auch, als Sofien antwortete: „Boa, das ist jetzt schon nicht so geil. Aber ja ich versteh das. Ich flieg jetzt auf jeden Fall mal nach Panama und dann schauen wir weiter.“

Sofien kam und wir machten erst einmal Urlaub in den San Blas. Fast drei Wochen. Eine Zeit, die wir gebraucht haben, um anzukommen und um herauszufinden was wir/ oder ich eigentlich wollen. Ich hing ehrlich gesagt schön in der Luft. Im Kopf war ich immer noch beschäftigt mit dem Tod meiner Oma und genoss es viel mehr, Abends mit Freunden um das Lagerfeuer zu sitzen, anstatt mich mit irgendwelchen Planereien herumzuschlagen, aus denen eh nichts Sinnvolles hervorgehen würde.

Erst zurück in Linton Bay, haben wir das gemacht, was Sofien oben beschreibt:

Wir schnappten uns Handy, Laptop und Bücher geschnappt und uns für ein paar Stunden ins Café gesetzt. Wir haben uns Gedanken gemacht, Informationen gesucht und Ideen gesammelt. Wir haben recherchiert welche Boatyards es in Panama und Costa Rica sowohl auf der Atlantik-, als auch auf der Pazifikseite exestieren, wieviel sie kosten und ob es Sinn macht, den Kanal jetzt schon zu durchqueren oder doch erst nach Abschluss der Arbeiten am Boot.

Das Ergebnis:

Auf der Pazifikseite gibt es gar kein geeignetes Boatyard. Auf der atlantischen dafür drei, die in Frage kämen. Die Durchfahrt durch den Panamakanal haben wir also bis auf weiteres verschoben. Anstelle dessen sind wir, wie am Anfang erwähnt unterwegs nach Boccas del Torros. Mit den San Blas wohl eine der schönsten Gegenden an Panamas Atlantikküste. Dort verbringen wir die letzten Oktoberwochen zusammen. Dort sind wir nicht nur nahe dem Boatyard, sondern Sofien kann von dort aus recht einfach mit dem Bus nach Costa Rica reisen und an seinen Plänen bei Sailcargo festhalten.

Die WASA wird am ersten November im Bocasboatyard gekrant. Ruderinspektion und ggf. Reparatur, Antifouling und kleine „Touch – ups“ mit Primer, sowie ein neues Winkellaminat um das Hauptschott. Das Laminat, das das Hauptschott mit dem Rumpf verbindet, löst sich in einigen Bereichen vom Holz. Das ist eine wichtige strukturelle Verbindung. Am ärgerlichsten ist, dass ich das schon bei meinen Restaurationsarbeiten in Portugal bemerkt habe, aber einfach nicht mitgemacht hatte. Irgendwas in mir hat sich mit aller Gewalt dagegen gewehrt die Baustelle auch noch anzufangen. Im Nachhinein ziemlich blöd. Die Herausforderung besteht nämlich nicht in der Reparatur selbst, sondern an dem Staub, der mit ihr einher geht. Das alte Glasfaserlaminat muss entfernt und der Untergrund angeschliffen werden, bevor ich neue Lagen aufbauen kann. Die kleinen Partikel sind super giftig, verteilen sich überall und jucken noch nach Tagen auf der Haut. – In Portugal war das Boot leer. Jetzt ist es voll mit meinem gesamten Hab und Gut, Lebensmitteln und ist außerdem mein Schlafplatz. Wahrscheinlich muss ich mir währenddessen sogar einen anderen Ort zum Schlafen suchen.

Nach getaner Arbeit kommt mich für zwei Wochen eine Freundin vom See besuchen. Konkrete Ideen  für Weihnachten und Neujahr gibt es noch nicht, aber allerspätestens im Januar möchte ich dann endlich die Kanalpassage antreten und später an der Küste Costa Ricas in Richtung Norden segeln. Vielleicht schaffe ich es ja sogar bis „Sailcargo“ und kann ein paar Tage mit rein schnuppern.

Dann, im Februar, sammle ich Sofien wieder ein. Denn, das beste zum Schluss:

Sofien hat mich während unserer Zeit in den San Blas Inseln gefragt, ob er mit mir zusammen die Pazifiküberquerung segeln kann! – Ich kann mir kaum eine bessere Begleitung vorstellen!

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