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Samoa und die Sache mit dem Zoll

von | Sep 22, 2022 | Pazifik, Samoa

Wir erreichten Samoa nach einer anspruchsvollen Überfahrt. Seitdem wir Beveridge Reef verlassen hatten, segelten wir auf Halbwindkurs in Richtung Norden. Der Wind variierte stark zwischen 20 und 27 Knoten. Hohe, steile Wellen trafen uns genau auf der Seite und brachen regelmäßig gegen das Boot. Mindestens zwei Mal wurden wir von den Wassermassen derartig überrollt, dass sich das Cockpit bis zu den Waden mit Wasser füllte. Sekundenlang saßen wir dann nur da; beobachteten das Wasser dabei, wie es durch die zwei armdicken Lenzrohre wieder zurück in den Ozean floss.

Ich stand gerade mitten im Niedergang, als uns eine Welle mit einer solchen Wucht traf, dass das Boot beinahe flach auf dem Wasser lag. Ich sah Keren – sie saß erst Leeseitig im Cockpit und schwamm plötzlich bis zum Bauchnabel in den schäumenden Wassermassen. Maelle stand auf der anderen Seite und hielt Ausschau. Fast waagerecht schaute sie auf Keren herab, den Mund weit offen und die Hände fest um Sonnenschutz und Bimini gekrallt, um nicht herabzustürzen.

Wechselnde Winde sorgten für viel Arbeit an Deck.

 

So schnell wie wir auf die Seite geworfen wurden, genauso schnell richtete WASA sich wieder auf. Das Wasser floss ab und wir schauten uns einige Momente einfach nur gegenseitig in die Augen. Dann brachen wir in schallendes Gelächter aus.

Samoa, genauer gesagt western Samoa war von 1899 bis 1914 eine deutsche Kolonie. Mit dem Beginn des ersten Weltkriegs übernahm Neuseeland die Verwaltung und gab den Bewohnern 1962 ihre Unabhängigkeit zurück – Diese feierte Samoa dieses Jahr zum sechzigsten Mal!

Bei unsere Ankunft war der Himmel wolkenverhangen. Hinter uns und entlang der gesamten Küste sahen wir den Regen vom Himmel fallen. Ich hatte keinerlei Informationen über das Einreiseprozedere, nur dass man sich bei Annäherung an den Hafen bei der Hafenbehörde anmelden sollte. Auf Kanal 16 nahmen wir Kontakt auf. Wir wurden angewiesen nebst den anderen Segelbooten im Hafenbecken zu ankern und auf das Gesundheitsamt zu warten.

Während wir unsere Runden drehten und mit dem Echolot nach einem geeigneten Ankerplatz suchten winkten uns einige der Arbeiter des Docks, hießen uns salutierend willkommen.

Wir fanden einen geeigneten Platz zwischen den anderen Yachten und warteten; warteten und warteten. Obwohl wir uns immer wieder über Funk bei der Hafenbehörde erkundigten, ließ sich niemand in der Nähe der WASA blicken. Später, als sich der Himmel rot färbte wurde wussten wir, dass heute sicherlich keiner mehr unsere Papiere kontrollieren möchte und gingen schlafen.

Am nächsten Morgen; es war Freitag; näherte sich endlich ein kleines Bötchen mit einigen Männern in Warnweste. Das Gesundheitsamt! Nach einer kurzen Begrüßungs- und Vorstellungsunde half ich den Beamten aufs Boot. Die drei Covid Tests die wir machten vielen allesamt negativ aus. Während wir auf das Ergebnis warteten und Formulare ausfüllten unterhielten wir uns über Samoa:

Seit dem Coronaausbruch vor drei Jahren waren die Grenzen für Touristen geschlossen. Kein Flugzeug und kein Schiff durfte die Insel zu touristischen Zwecken anlanden. Seit der Grenzöffnung am 1ten August waren wir das 10te Boot.

Vor dem Gehen erklärte der Beamte feierlich, wir dürften die gelbe Flagge jetzt bergen. Die Gelbe Flagge steht im Flaggenalphabet für den Buchstaben Q und wird deshalb als Quarantäneflagge benutzt. Sie wird vor Erreichen eines neuen Landes an der Steuerbordseite unter der Gastlandflagge gehisst und bedeutet so viel wie: „Alle an Bord sind gesund. Wir würden gerne einklarieren“.

Nun dauerte es nicht lange und ein weiteres Boot näherte sich uns – ein lustiger Anblick! Mark von einem benachbartem Katamaran kam mit seinem Dingy auf uns zu. Mit an Bord drei Zollbeamte, ganz mit samoanischem Körperbau, die das Dinghy tief in das Wasser hineindrückten. Ein Beamter stieg zu uns aufs Boot, die anderen verteilte Mark auf die übrigen neu angekommenen Yachten.

Das Prozedere der Einreise ist sich in den meisten Ländern recht ähnlich. Erst Gesundheitsamt, dann Zoll, dann Immigration und eventuell noch ein Besuch bei der Hafenbehörde. Viele Formulare müssen ausgefüllt, Fragen beantwortet und Zertifikate überprüft werden.

Viele Segler meckern darüber oder scheuen sich regelrecht davor den Offiziellen vors Gesicht zu treten. „Unnötiger Papierkram“, „unfreundlich“, „abzocke“, „unendlich langwierig“. Es stimmt. Das Prozedere dauert lang, es werden viele Fragen gestellt und manchmal frägt man sich wie der geforderte Geldbetrag jetzt genau zu Stande gekommen ist.

Eine Samoanische Gastlandflagge hatten wir nicht an bord. Zeit kreativ zu werden und die Nähnadeln auszupacken.

Viele Segler meckern darüber oder scheuen sich regelrecht davor den Offiziellen vors Gesicht zu treten. „Unnötiger Papierkram“, „unfreundlich“, „abzocke“, „unendlich langwierig“. Es stimmt. Das Prozedere dauert lang, es werden viele Fragen gestellt und manchmal frägt man sich wie der geforderte Geldbetrag jetzt genau zu Stande gekommen ist.

Aber als Segler sind wir Besucher in einem fremden Land- wir haben uns ihre Regeln zu halten. Zumal wir heutzutage über das Internet über die offiziellen Regierungsseiten oder Foren wie noonsite.com einfachen Zugang zu den meisten Informationen über Abläufe und Forderungen bekommen.

Für mich ist die Einreise immer etwas besonderes. Man kann nie wissen was passiert Mal klappt alles wunderbar einfach und schnell, ein anders Mal vergeben Tage bevor man alle Zertifikate in der Hand hält.

In der Vergangenheit lief meistens alles glatt. Ich versuch den Beamten stets mit einem Lächeln im Gesicht und dem nötigen Respekt entgegenzutreten. Eine vorbereitete Mappe mit allen benötigten Papieren und Kopien sparte oft viel Zeit. Selbst wenn die Dinge doch Mal nicht so liefen wie gedacht hat es sich stehts bewährt ruhig und freundlich zu bleiben und seine Situation zu erklären. In Costa Rica haben sich die Zöllner höchstpersönlich darum gekümmert, meinen auf der Bank vergessenen Ausweis wieder zu finden und zum Zollbüro liefern zu lassen.

Die offizielle Ein- und Ausreise, mit all ihren Eskapaden, gehört einfach mit dazu und beschert einem immer wieder lustige Geschichten!

Der Zöllner in Samoa war auf jeden Fall sehr freundlich! Bei der gründlichen Kontrolle unserer Papiere jedoch verfinsterte sich sein Ausdruck für einen kurzen Moment. Unser Zarpe, das Ausreiseformular aus Französisch-Polynesien, erwähnte nicht Samoa, sondern Fiji als unser nächstes offizielles Ziel.

Ihr hättet nicht herkommen dürfen. Ihr habt damit das Gesetz gebrochen.“, erklärt der Beamte ohne weiteren Kommentar. Er hatte recht. Und wir recht wenig zu entgegnen. Ich versuchte ihm die Situation, unseren Reiseverlauf und dass wir auf der Flucht vor dem angekündigten Sturm waren zu erklären.

Diese Reise ist mein Traum, den ich mir unter anderem mit dem Schreiben von Artikeln finanziere. Wenn auch du mich unterstützen möchtest freue ich mich sehr über eine symbolische Einladung zu einer Brotzeit!

Vielen Dank!

Er verstand und meinte, dass wir versuchen könnten mit einem sogenannten „Notfallstopp“ einzuklarieren. Wir müssten einen kleinen handschriftlichen Brief an die Chefin der Zollbehörde verfassen und könnten dann mit einer Genehmigung rechnen. Er half mir, legte mir Wörter in den Mund die unsere Einreise rechtfertigen: „Sturm“, „Erschöpfung“ und „Vorräte auffüllen“.

Als kleine Gegenleistung fragte er mich, ob ich ihn nicht mit meinem Dinghy an Land fahren könnte. Das Zollbüro hat kein eigenes Motorboot und er würde gerne heute noch alles abwickeln. Gesagt getan! Ich fuhr am Ende nicht nur unseren Zollbeamten an Land, sondern spielte hinterher auch noch Taxi für alle anderen Beamten und übersetzte für ein französisches Pärchen, dass sich dem Englischen nicht mächtig war.

Als unser Zöllner am Abend mit der Bestätigung für unsere Einreise zum Boot zurückkam, begrüßte er mich mit „Talofa, Brother“ – was soviel heißt wie „Hallo mein Bruder“.

Es hatte alles geklappt, doch offiziell durften wir das Boot immer noch nicht verlassen. – Die Immigrationsbehörde war noch nicht da gewesen! Es war Freitagabend, das Wochenende stand vor der Tür und wurde von Feiertag am Montag gefolgt; keine Chance, dass wir unsere Stempel in der nächsten Zeit bekommen würden.

Um nicht vier Tage lang auf dem Boot festzusitzen zu müssen fuhr ich am Samstagmorgen mit dem Beiboot an Land. Ich suchte das Zollbüro auf und fragte meine neuen Freunde, ob sie mir und den anderen Seglern bei dem Problem etwas helfen könnten.

Tatsächlich klemmte sich der Zöllner hinter das Telefon und kam schon bald mit einem Grinsen im Gesicht aus seinem Büro zurück. „Ihr seid frei! – den Stempel könnt ihr euch am Dienstag abholen.“. Als ich schon beim Hinausgehen war schob er hinterher: „Sag den anderen auch Bescheid!“

– „Na klar!“