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San Blas: Vom Blitz getroffen?!

von | Okt 15, 2021 | Atlantik, Karibik, Panama, San Blas

Fisch fingen wir zwar keinen mehr, erreichten aber unser Ziel, die „Coco Bandero Cays“, rund drei Stunden vor Sonnenuntergang. Mit dem Licht im Rücken gelang es uns leicht die Riffpassage zwischen „Dupwala“ und „Guarladup“ zu finden.

Dort trafen wir auch den Katamaran aus „Banedup“ wieder. Wir verstanden uns gut und so brauchten wir nicht selbst zu ankern, sondern parkten einfach längsseits an seinem Rumpf. Wir aßen zusammen Abend, tranken ein paar Bier und gingen nicht allzu spät ins Bett.

Coco Bandreo Cays. Von links nach rechts: Dupwala, Tiadup, Olosicuidup, Guariadup. Im Vordergrund: Eine leichte, brechende Welle markiert das flache Riff

Gegen zwei Uhr nachts erreichte uns ein Gewitter, sowie ich es noch nicht erlebt hatte. Nicht der Wind, und auch nicht die Wellen machten mir Sorgen. Nein, das was mir wirklich Angst einflößte und mein Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen ließ, war die Intensität der Donner und Blitze. – Die Gewitter hier grummeln nicht nur ein bisschen. Die Donner erinnern viel mehr an eine Bassbox eines Open-Air-Festivals. Mit jeder Entladung wummerte es in meinem Bauch. Mit dem Fuß an der Bordwand spürte ich jedes Mal das ganze Boot vibrieren.

Aus der Ferne ist es spannend die Gewitter, das Licht und die Wolken zu beobachten. In dieser Nacht zog es jedoch direkt über uns hinweg. Ich lag wach in meinem Bett in der Bugkabine, mein Blick in Richtung des Niedergangs gerichtet, sodass ich im Schein der Blitze die Palmen hinter uns wehen sah. Mit einem Mal gab es einen derart heftigen Knall, sodass ich vor Schreck aufschrie. Mein Puls raste. Ich sah einen gewaltigen Lichtschlag hinter uns in die Insel fahren und sofort lag ein verschmorter Geruch in der Luft. Es roch nach rauchendem Kabel. Ich konnte bei uns nichts erkennen, steckte also meinen Kopf durch den Niedergang, um nach unseren Nachbarn zu sehen. Zwischen den dicken Regentropfen, die auf das Deck niederprasselten, sah ich die Lichter ihrer Kopftaschenlampen eilig über das Cockpit huschen. „Are you all right?“, rief ich hinüber. „Yes, we are. But we got hit! I dont have any electricity“.

Heranziehende Gewitter erzeugen eine ganz und gar mysthische Stimmung

Am nächsten Morgen fuhren sie zurück in die Marina. Obwohl ein Teil des Stromes in ihren Mast gefahren war, wurde glücklicherweise niemand verletzt. Dafür war die gesamte Elektrik kaputt. Nicht einmal die elektrische Ankerwinde funktionierte und nur einer der zwei Motoren ließ sich starten.

Wir müssen Glück gehabt haben. Ohne, dass ich mich wirklich auskenne, nehme ich an, dass ihr höherer Mast mein Boot vor wirklichen Schäden bewahrt hat. Die Funkantenne hatte ich bereits abgesteckt, das restliche Bordnetz war aber noch aktiv. Die Lichter im Masttopp sind zwar kaputt und ich bin mir noch nicht sicher ob meine Batterien nun schwächer geworden sind, oder das nur Einbildung ist, aber sonst ist alles heile.

Wir blieben noch einen weiteren Tag, den ich dazu nutzte, den letzten Artikel zu schreiben. Dann fuhren wir, wieder einmal vom Internet gezogen, ein paar Seemeilen Richtung Süden nach „Green Island“. Ich brauchte eine vernünftige Verbindung, um weiter an meinem Eintrag zu arbeiten und ihn später hochzuladen zu können. Währenddessen waren unsere Angeln dauerhaft im Wasser, bis wir plötzlich einen sehr komischen Fisch am Haken hatten. Der Drill war anfangs recht kurz, aber als der Fisch dem Boot nahe gekommen war, ging plötzlich gar nichts mehr. Die Schnur führte unter das Boot und saß dort fest. Zuerst meinten wir am Propeller zu hängen, erkannten dann aber, dass der Fisch am Boot klebt!

Mit dem Bootshaken konnten wir entlang der Angelleine den Fisch suchen und ihn so letztendlich vom Rumpf lösen

Wir recherchierten und fanden heraus, dass es sich um einen „Schiffshalter“ handelte. Von Fotos oder aus Videos kennt man sie als Begleitfische von Haien. Auf der Oberseite ihres Kopfes haben sie eine Saugplatte und können sich damit an Haien, Wahlen und manchmal eben auch an Schiffen festhalten. Einige indigene Völker setzen sie sogar zum Fang von Schildkröten ein: Dazu wird dem Fischhalter eine Schnur um die Schwanzflosse gebunden. Sieht der Jäger nun eine Schildkröte schwimmen, lässt er den Fischhalter frei. Dieser liebt es sich an Schildkröten festzusaugen, um ein paar Essensreste abzustauben. Jetzt muss nur noch die Schnur eingeholt und Schiffshalter mit Schildkröte zurück ins Boot gezogen werden. Fertig ist die Suppe.

Am Wochenende waren wir mit Nico und Sofie, einem Schweiz- Französischem Pärchen in den Coco Banderos Cays verabredet. Zusammen gingen wir zum Harpunenfischen und Langusten fangen. Über fünf Stunden blieben wir im Wasser, hatten aber am Ende die perfekte Stelle gefunden. Es war das erste Mal, dass ich eine Languste fing. Die allererste erwischte ich sogar mit der bloßen Hand. Meistens jedoch verstecken sie sich tief unter irgendwelchen Steinen oder in Höhlen zwischen den Korallen. Dann ist es einfacher sie mit dem Speer zu erlegen. Beim Tauchen lohnt es sich, kurz vor dem Loch, die Augen zu schließen, um dann, wenn man sie wieder öffnet, noch tiefer hineinblicken zu können.

Abends entzündeten wir ein Feuer am Strand und grillten unseren Fang. Zur Vorspeise gab es die gegrillten Langusten und später als Hauptgang einen Teil des 8kg schweren Barrakuda, der uns kurz vor Ende der Schnorchelsession noch vor die Harpune geraten war.

Von „Coco Banderos“ aus segelten wir ein paar Tage später weiter nach Nargana, einer bewohnten Insel, nahe dem Festland. Die Insel war für Besucher leider noch geschlossen. Die Indianer warteten noch auf ihre zweite Coronaimpfung, welche sie in den nächsten Tagen bekommen sollten. „The doctors will come with the helicopter and give us the second shot“, erklärt uns Frederico, ein netter Guna aus dem Dorf.

Die Insel konnten wir also nicht besuchen. Stattdessen fuhren wir mit dem Dinghy ein paar Stunden den Rio Diabolo hinauf, welcher ebenfalls kurz vor dem Dorf im Meer mündet. Als es irgendwann zu seicht wurde, nahmen wir ein Bad im klaren (nicht salzigem!) Wasser. Wir aßen unsere mitgebrachten Nudeln und machten uns anschließen wieder auf den Heimweg. Am Flussufer wachsen Kokosnusspalmen und Bananenstauden, deren Früchte einen Großteil des Einkommens der Gunas ausmachen.

Die Insel Nargana.

Mit wenigen Ausnahmen war es ein echter Erholungsurlaub. Jeden Tag frischer Fisch, schwimmen, schnorcheln, lesen. Ab und an ein wenig schreiben, das Boot putzen oder das Unterwasserschiff von Bewuchs befreien. Aus einem alten Segel habe ich sogar eine kleines Regenwassersammelsystem genäht.

Zurück in Linton Bay war das Boot leer, alles aufgegessen. Der Alkohol zum Kochen war leer, ebenso der Kaffee und die Wassertanks. Wir hatten weder Obst noch Gemüse über. Aus dem letzten Ei, den letzten Bohnen und dem letzten Mais zauberten wir ein paar Gemüsebratlinge, die uns auf der Rückfahrt nährten. An den alten Bewuchsspuren am Rumpf konnte man deutlich erkennen, wie leer wir waren: Ohne Übertreibung, die WASA liegt immer noch 5 cm höher im Wasser.

Sogar das Dinghi hat gerade so durchgehalten. Erst gestern, wir sind seit Montagnacht wieder zurück in Linton Bay, ist es weiter kaputt gegangen. Diesmal war es eines der Ventile, das auf dem Weg zum Ufer auseinandergefallen ist. Es muss ein lustiges Bild abgegeben haben. Ich steuerte das Dinghy und Sofien pumpte indessen, zwischen meinen Beinen, neue Luft in den Schlauch. – Ich glaube, es ist nun wirklich an der Zeit sich um ein neues Beiboot zu kümmern. Bis es so weit ist, bleibt die Luftpumpe griffbereit im Dinghi liegen!

Eine kleine Skizze unserer Route durch die San Blas. Die „leeren“ Kringel sollen die Riffe darstellen, die ausgemalten, kleinen Flecke sind die sichtbaren Inseln. Ein „X“ steht für ein Ankerplatz.