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Zu Besuch auf dem Astillero Verde

von | Feb 25, 2022 | Costa Rica, Pazifik

Foto: Jeremy Starn

Mit unserem frisch gefangenen Fisch hatten wir zumindest schonmal einen guten Einstand hingelegt. Während Sofien die meisten der Leute am Tisch bereits kannte, waren es für mich hauptsächlich unbekannte Gesichter. Nur eines nicht! Das von Janek, einem Bootsbauer aus Norddeutschland. Er war ein Lehrjahr über mir in der Schule, wo wir uns ein paar Mal über den Weg gelaufensind. Die anderen kamen von überall aus der Welt. Aus England, Polen, Frankreich, den USA, Costa Rica und Schottland. Wir sprachen Englisch und verhockten noch bis zum nächsten Morgen in der Küche.

Am Samstag nahmen Sofien und ich uns die WASA nocheinmal gründlich vor. Zwei Wochen im Segelmodus und eine Bootsbauer willkommensrunde hinterlassen doch einiges an Spuren. Wir putzen und schruppten das Boot von oben bis unten und verbrachten anschließend die letzten verbleibenden Stunden des Tages am Strand.  

Der Sonntag war da schon etwas enger getaktet. Zur Ebbe um 6.30 ging es los. Ich fuhr mit Arthur zum surfen in  Playa Baranco. Als die Flut zurückkam und die Wellen nicht mehr liefen, kochten wir uns als Stärkung ein paar Plantains mit Zwiebeln überm Lagerfeuer am Strand und fuhren anschließend zurück zu Werft. Dort sammelten wir alle zurückgebliebenen ein um uns bei einem Nahegelegenem Waasserfall abzukühlen und vom Salz zu befreien.

Herrlich! Von der brütenden Hitze und dem kleinen Marsch zum Fluss durchgeschwitzt, springen wir alle nacheinander in den Pool und lassen uns das süße, kalte Wasser auf den Kopf prasseln.

Um Abends noch genügend Zeit und gesättigte Bäuche zu haben, legten wir auf dem Rückweg einen kleinen Zwischenstopp in einem Restaurant ein, aßen tagesfrisches Serviche und sahen zu, dass wir aufs Boot zum Segeln kommen! Zu neunt kreuzten wir zwei Stündchen zusammen in den Sonnenuntergang, bevor wir den Anker wieder schmissen und zum Abendessen zurück auf die Werft fuhren.

Nachts musste ich meistens zurück zum Boot fahren, das weit draußen in der Lagune ankerte. Der Tidenhub betrug fast drei Meter und die lang ausgedehnten Schlammfelder machten es bei Niedrigwasser unmöglich von oder auf das Boot zu gehen. Trotzdem versuchte ich die meisten Nächte dort zu verbringen. Denn Costa Rica ist zwar ein sehr sicheres Land, aber sogar die Locals empfahlen mir, die WASA lieber nicht länger unbeaufsichtigt zu lassen. Es käme nur selten vor, dass sich ein Segler hierher verirrt und deshalb sei die Gefahr, dass doch jemand Interesse an meinen Sachen findet, zu groß.

Ich hoffte unter der Woche ein bisschen beim Bau des Schiffes mithelfen zu können. Vielleicht ein paar kleinere Aufgaben, wie Nägel einschlagen oder Schrauben kontern übernehmen zu können. Leider, aber auch irgendwie verständlich war Linx, einer der Chefs, von dieser Idee nicht wirklich angetan.

Zwar bin ich Bootsbauer und weiß wie ich mit Holz und Metall arbeiten kann, hätte aber trotzdem in das Projekt eingewiesen werden müssen. Wo finde ich das Werkzeug, wo den Klettergurt und wie viele Nägel kommen in einen Decksbalken? Ich wäre wahrscheinlich keine große Hilfe gewesen.

Dafür konnte ich ab Mittwoch Mara beim Bau eines Biochar Ofens helfen. In dem Ofen werden später Holzabschnitte CEIBA’s unter Ausschluss von Sauerstoff verbrannt und die daraus gewonnene Kohle kann zum Pflanzen neuer Bäume genutzt werden. Die Form schnitten wir zunächst aus drei Millimeter starken Blechen aus und schweißten die einzelnen Teile später zusammen.

An meinem letzten Tag habe ich es dann doch geschafft mich im Schiff zu verewigen!

Ich war mit meiner Kamera auf einem Streifzug durch CEIBA und konnte ich die Jungs am Oberdeck dazu überreden, selbst einen der 30 Zentimeter langen Nägel in einen der Decksbalken hauen zu dürfen.

Mit Klettergurt und Arbeitssicherheitscrocs gesichert sollte ich zunächst das Loch mit einem gigantischen Schlangenbohrer aufbohren, bevor mir David den Nagel zum Eintreiben bereithielt. Ich war tatsächlich etwas nervös und so war nach ein paar Hieben nicht nur der Nagel im Holz verschwunden, sondern auch mein Finger, den ich mir zwischen Hammer und Schraubzwinge eingeklemmt hatte, aufgeplatzt.

Schweiß und Blut hat es mich gekostet, aber im Decksbalken von Spant 6 steckt jetzt „mein“ Nagel!!

SAILCARGO, das Schiff CEIBA und das Astillero Verde sind ein einzigartiges Projekt und die Leute vor Ort wahnsinnig herzlich! Für alle, die interessierter daran sind, wie ein Arbeitsalltag und ein Leben auf der Werft in Costa Rica aussieht habe ich mit Sofien ein kleines Interview geführt.

Sofien ist gelernter Bootsbauer vom Ammersee. Wir haben uns in der Berufsschule kennengelernt. Von September bis November sind wir zusammen durch die San Blas und duch Bocas del Torro gesegelt. Im Februar kam er nochmal zurück aufs Boot um  mit durch den Panamakanal und von dort zurück zum Astillero Verde zu segeln. Insgesammt arbeitet er schon über drei Monate bei SAILCARGO.

Hey Sofien! Du bist jetzt seit über drei Monaten auf dem Astillero. Es gefällt dir sogar so gut, dass du erstmal auf unbegrenzte Zeit länger bleiben möchtest. Wie war dein erster Eindruck als du hier angekommen bist?

Ich bin an einem Samstag angekommen. Weil über das Wochenende viele von hier unterwegs waren, war nicht wirklich viel los und als ich nach ewigem Bus und Taxi fahren vor dem Tor stand war ich erstmal so, „wow, wo bin ich jetzt“. Man hat von dort aus weder ein Schiff gesehen noch wusste ich so richtig wo ich hin muss. 

Doch als ich dann die ersten Leute gesehen habe, wurde ich direkt sehr nett empfangen und willkommen geheißen. Das war sehr schön und ich habe mich schon nach ein paar Stunden sehr wohl gefühlt. Wir haben zusammen gekocht und sind am nächsten Tag zu einem Wasserfall gefahren. Ich habe mich bald fast so gefühlt wie zuhause.

Und an deinem ersten Arbeitstag? Was waren zu Beginn deine Aufgaben?

Am ersten Tag ging es gleich richtig los! Ich habe mit Eugenio angefangen eine Längsverbindung zu bauen. >Die größeren Stücke waren acht Meter lang, mit 1,4 Meter langen Schäftungen. Das dauerte fast zweieihalb Monate, bis wir die alle drinnen hatten.

Worin hast du die größten Schwierigkeiten gesehen?

Das Ding ist, klar, wir haben Bootsbau gelernt und schonmal was mit Holz gemacht, kleinere Reparaturen, dies das, aber hier ist nochmal alles ein bisschen größer. Das erhöht auch irgendwie den Schwierigkeitsgrad. Man nimmt sich zum Beispiel mehr Zeit beim Maße abnehmen. Dieses riesige Stück will man nicht immer wieder hochheben müssen. Und klar, es ist dann auch die Hitze, die einem hier auf den Kopf knallt und es einem schwierig macht zu denken.

An sich hat keiner der hier arbeitet schon mal an einem so großen Boot gearbeitet. Man muss sich dann schon so ein bisschen reinfuchsen. Ich habe hier aber auch die Freiheit, mir selber zu überlegen wie ich die Sache angehen möchte. Es kommt keiner her und sagt: „mach das lieber so“. Außer du überlegst dir was und möchtest das erstmal mit den anderen besprechen, dann findet man zusammen die beste Lösung für das Problem. Das ist eine weitere Sache die mir hier gut gefällt. Man arbeitet wirklich als Team und findet gemeinsam die besten Lösungen.

Wie sieht für dich dann ein standardmäßiger Arbitstag aus?

Ich stehe immer recht früh auf. So um halb sechs, viertel vor sechs, weil einen die Brüllaffen da auch schon wecken. Dann gibt es Frühstück – Kaffee und Joghurt mit Früchten. Die erste Schicht geht los um 6.30 Uhr und endet um 9.00 Uhr zur ersten Frühstückspause. Eigentlich gibt es immer Pinto, Reis mit Bohnen – sau lecker! Dann arbeiten wir weiter bis zur Mittagspause um 13 Uhr. Die dauert eine Stunde und dann ist um vier der Tag auch schon rum.

Du wohnst momentan in einer kleinen Wohnung auf der Werft. Wie sieht das dann am Wochenende aus? Ist dann dort auch viel Betrieb, oder ist es eher ruhig?

Das ist immer ein bisschen unterschiedlich. Häufig fahren Kollegen entweder in den nächsten größeren Ort oder auf die Kakaofarm. Die, die es lieber ruhig angehen lassen wollen bleiben einfach hier. Man kann am Strand relaxen oder ins Meer springen. So oder so, nicht selten enden die Abende in einer kleinen oder größeren Party. *lacht*

Wir hatten sogar Mal die Idee zusammen über den Pazifik zu segeln. Jetzt bleibst du lieber bei SAILCARGO, was ich sehr gut verstehen kann. Was gefällt dir hier am besten?

Ja, als ich von der WASA runter gegangen bin hatte ich schon die Idee im Kopf, dass ich hier drei Monate arbeite und wir uns dann im Februar wiedertreffen und gemeinsam über den Pazifik segeln. Aber wie du einmal gesagt hast: „Ich habe mich in ein anderes Schiff verliebt“. Das finde ich ganz treffend. Eigentlich sind es aber zwei Aspekte. Einmal, in diesem riesigen Schiff zu arbeiten und jeden Tag etwas dazu zu lernen, besser zu werden und von verschiedenen Leuten mit verschiedensten Ausbildungen lernen zu können. Außerdem, wenn alles gut läuft, dann hält das was man gebaut hat mindestens die nächsten hundert Jahre. Jedes Stück, das hier eingebaut wird könnte einen selbst locker überdauern. Und das ist schon eine ziemlich coole Sache!!

Zum anderen ist es das Zusammenleben in so einer großen Gruppe. Es ist ein stetiges Kommen und Gehen. Man sagt ziemlich oft „Hallo!“, aber auch echt ganz schön oft „Auf Wiedersehen!“. In dieser großen Gemeinschaft zusammenzuleben ist toll. Wie du selbst gesehen hast ist es eine sehr witzige Truppe, es passieren immer wieder lustige Sachen, man hockt oft zusammen und lacht viel. Wenn man aber keine Lust auf Menschen hat kann man sich auch einfach zurückziehen und das ist auch OK. Es ist wie eine kleine Familie.

Zurück auf der WASA

Zusammen mit Emma und meiner Schwester Hanna segeln wir nun seit ungefähr einer Woche entlang der Küste von Costa Rica nach Süden. Der Tripp ist für allem für mich und Emma als ein kleiner Kennenlerntörn gedacht. Emma segelt in ein paar Wochen mit mir über den Pazifik. Die verschiedenen Bedingungen auf dem Weg nach Panama City bieten vor dem Start eine gute Gelegenheit mehr über das Bootshandling, aber vor allem auch über unsere persönlichen Eigenheiten zu lernen.

Sobald wir angekommen sind, geht es darum das Boot fit für die große Überfahrt zu machen. Es gibt eine Ellen lange TO – Do Liste mit lauter kleinen und größeren Bastelaufgaben die abgearbeitet werden muss, lange Listen für den Baumarkt die besorgt werden müssen, einiges an Papierkram zu erledigen und sehr viel Essen, dass noch nicht eingekauft ist.

Hanna trifft sich dann mit einer Freundin und backpackt weiter durch Panama und Costa Rica.