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Zurück im Wasser

von | Mai 9, 2021 | Atlantik, Grenada, Karibik, Umbau

Hallo! Ich melde mich zurück! Das Boot war jetzt eineinhalb Wochen auf dem Trockendock. Währenddessen war allerhand zu tun, weshalb ich noch nicht dazu gekommen bin, einen neuen Artikel zu schreiben.

Auf dem Boatyard ging es hauptsächlich darum, dass ich mir meine Ruderanlage genau ansehen wollte. Schon lange meckerte sie in Form eines mal lautem, mal leisem Knarzen, dessen Ursprung ich nicht zuordnen konnte. Sie im Wasser auseinanderzubauen wäre zwar möglich, traute ich mich aber ehrlich gesagt nicht und so blieb nur der Weg aufs Trockene.

Am Montag fand der Haulout statt. Dieses Mal nicht mit einem Kran wie in Lagos, sondern mit einem hydraulischen Slipwagen, der von einem Traktor gezogen wird. Von meinem neuen Ankerplatz hatte ich nur noch ein paar Meter zur Sliprampe zu motoren.

Dort wartete ich auf die neunköpfige Crew, die für das Ein- und Auswassern der Boote zuständig ist. Einer fuhr den Traktor, vier bekamen die von mir zugeworfenen Festmacher und hielten das Boot in Position, während zwei Taucher sich daran machten, die Auflageflächen des Trailers auszurichten und zu kontrollieren, dass nicht etwa ein Borddurchlass oder Ähnliches eingequetscht wird. Dann wurden die Auflagen des Slipwagens aufgepumpt und die WASA wurde aus dem Wasser gezogen. Zwei weitere Männer koordinierten die gesamte Aktion und so lief das ganze Manöver superentspannt und routiniert ab. 

Mit dem Team besprach ich, dass ich gerne das Ruder ziehen möchte und ob sie das Boot bitte ein bisschen höher stellen könnten. Das machten sie zwar und als das Boot noch vom Slipwagen getragen wurde, sah die Höhe am Ruder gar nicht so schlecht aus. Allerdings kam beim Ausrichten des Bootes der Hintern nochmals um einige Zentimeter nach unten. Ich versäumte leider noch mal alles zu kontrollieren und bemerkte so den Fehler erst als der Trupp schon wieder abgezogen war.

 

Um das Ruder aus dem Ruderkoker (einem Rohr, das von Rumpf bis zum Deck geht und das Ruder führt) herauszubekommen, musste ich also ein Loch graben. Mit Pickel und Schaufel grub ich sechzig Zentimeter tief, bis ich auf eine undurchdringliche Schicht aus Lehm/ Stein traf. Es fehlten nur noch rund 20 Zentimeter, aber der Boden war hart wie Beton. Keine Chance! Mit Wasser einweichen, Meißeln mit einer langen schweren Metallstange – nichts. 
Mir blieb also nichts anderes übrig als die Werft um Hilfe zu bitten. Infolgedessen verbrachte ein Mitarbeiter über eine Stunde damit, sich mit einem Pressluftmeißel in die Tiefe zu arbeiten. Das war ärgerlich, weil vermeidbar, aber immer noch günstiger, als das Boot erneut anheben zu lassen.

Das Loch war endlich tief genug und ich sah zum ersten meine Ruderanlage. Sie ist sehr einfach gehalten und hat keine Lager aus Kunststoff oder Bronze. Stattdessen ist meine Ruderwelle lediglich ein Rohr, an dem das Blatt angeschweißt ist. Das Rohr wird durch den Koker gesteckt und oben von einer Metallplatte, die in einer Nut in der Welle sitzt, gehalten. Unten wird das Ruder von einem Pin am Skeg geführt. Da kein Lager vorhanden war, konnten auch die Geräusche nicht dort herrührt. Das Problem konnte also nur noch Dreck und/ oder altersbedingtes Reiben an irgendwas sein. Ich reinigte das Ruder, baute zusätzlich für die obere Führung ein neues Metalllager und überarbeitete dessen Aufnahme.

Die obere Aufnahme des Ruders vor und nach der Überholung

 

Das zweite Projekt, das ich mir vorgenommen hatte, war eine Neulackierung des Cockpits. Als ich in Portugal mein gesamtes Deck lackierte, konnte ich es nicht in einem Zug mitlackieren, sondern hätte es in einem extra Anlauf streichen müssen. Dafür fehlte mir damals Kraft und Motivation. 

Außerdem konnte ich ja auch mit einem hässlichen Cockpit lossegeln. Dicht musste es halt sein. Da das Cockpit aber der Platz an Bord ist, an dem sich auf Überfahrt das meiste Leben abspielt und auch sonst ein viel benutzter Ort ist, wuchs der Wunsch nach einem ansehnlichen Außenbereich.
Es gab noch alte Wassereinlässe, welche ich nicht mehr brauche, eine Reparaturstelle aus den Kanaren und viele weitere provisorisch zugespachtelte Löcher von irgendwelchen Schrauben. So begannen die Vorbereitung erst mal mit der Demontage aller Beschläge und einigen Laminatarbeiten. Auch im Bootsinneren hatte ich eine ausgerissene Säule wieder anzulaminieren.

Hier habe ich bei meinen Arbeiten im Innenraum damals, ohne es zu bemerken, zu viel weggeschliffen. Infolgedessen haben sich auf den ruppigen Überfahrten einige Risse gebildet.

Ein vierter Job war das äußere Lager meiner Propellerwelle. Ich hatte einen Yachtgutachter kennengelernt, der glücklicherweise gerade als ich aus dem Wasser kam, da war und mit mir einen kleinen Rundgang um das Boot machte. Er bemerkte das zu große Spiel und wies mich darauf hin, dass ich mir, wenn ich das Lager jetzt wechsle, später viel Ärger sparen kann.

Das Lager ist hier als das Bronzene teil am Linken ende der Welle zu erkennen. Ich musste es mit einer großen Rohrzange und viel WD40 aus der HAlterung herausarbeiten.

Ich hatte jetzt also vier Baustellen, um die ich je nach Trocknungszeiten von Harzen und Lacken, Geschäftsöffnungszeiten und Wetter rotierte. Vor allem das Wetter setzte mich ganz schön unter Druck! Immer wieder regnete es und vor allem während der  Lackierarbeiten brauchte ich trockene Bedingungen! Ich hatte tatsächlich Glück und es tat sich ein trockenes zwei- Tagesfenster auf. Bis dahin musste das Cockpit komplett vorbereitet sein. Mit Primern, Spachteln, Zwischenschliff und Endlackierung würde ich auch genau zwei Tage brauchen. Das Timing ging auf! Ich musste zwar jeden Tag von früh bis spät reinhauen, aber es hat alles gerade so geklappt. Das Cockpit wurde immer schöner und die Ruderaufnahme entwickelte sich ständig weiter.

Währenddessen aber verwandelte sich das innere des Bootes in ein absolutes Chaos! Staubig vom Schleifen, matschig durch den andauernden Regen und Dreck im Boatyard und unordentlich durch Werkzeug das überall herumlag. Abends war ich oft viel zu fertig zum Aufräumen und morgens wollte ich stattdessen viel lieber so schnell wie möglich weiterarbeiten. Deshalb war ich wahnsinnig dankbar, als mir Martin und Rikki anboten, in der Gästekoje des neuen Katamarans zu übernachten! Das war eine willkommene Ablenkung vom dreckigen Boatyard und dem ganzen Chaos. Frisch geduscht fuhr ich abends rüber, wir kochten Abendessen, tranken ein oder zwei Absacker und am nächsten Morgen fuhr ich nach Kaffee und Frühstück wieder frisch gestärkt zur Werft.

Zusammen mit Martin montierte ich letzten Dienstag noch alle Beschläge und baute das Ruder ein. Ich bin megafroh, dass es keine weiteren großen Überraschungen mehr gab und ich am Mittwoch, fast wie geplant, nach neun Tagen wieder ins Wasser kam! Ich durfte eine kostenlose Nacht am Marinadock verbringen und begann das Boot von Müll und Dreck zu befreien, Werkzeug aufzuräumen, zu saugen, Wäsche zu waschen – sprich, mein Leben wieder auf die Reihe zu bringen.

Seit Donnerstag liege ich wieder vor Anker. Ich möchte zwar noch ein paar Dinge erledigen, muss dafür aber nicht unbedingt in einer Marina liegen. Meinem Hauptmotor habe ich bereits einen Öl- und Filterwechsel gegönnt Impeller geprüft und Dieselfilter inspiziert. Auch der Außenborder bekam neues Öl und eine erneute Vergaserreinigung. Ich möchte das ganze Boot noch einmal putzen, weiter Durchwarten sowie ein paar Änderungen an den Segeleinrichtungen ausprobieren.

Auch wenn es sich bis hierher vielleicht so angehört hat, war hier in den letzten zwei Wochen nicht nur Arbeit angesagt. Fast täglich finden irgendwelche größeren oder kleineren Events statt.

Donnerstagabend ist bei Nimrods open Stage. Ähnlich wie der zuhause in der Kuba. Bier, Leute und gute Musik. Auf einer Bühne spielen alle die Lust und Laune haben Musik. Und zwar richtig gute Musik! 

An dem Donnerstag, an dem ich in der Werft war, spielte unter anderem Will, ein Franzose in meinem Alter, der es echt drauf hat. Er selbst spielte Gitarre, Mundharmonika und sang. Zusammen mit den anderen Künstlern, die noch nie mit ihm gespielt hatten zauberte er eine wahnsinns Show!

Mein zweites Highlight ist der Burger-Sonntag auf Hog Island. Ab Nachmittag wird dort frisch Burger gegrillt. Sie kosten nur 10 ECD (ca. drei Euro), was hier im Vergleich echt günstig ist. Ein 0,33 Bier kostet egal ob im Supermarkt oder an der Bar 5$! Naja, auf jeden Fall wollte ich gerne von dem letzten Sonntag vor meinem Werftaufenthalt erzählen. Ich glaube nämlich er gehört zu den geilsten die ich bisher erlebt habe:

Am späten Nachmittag hatte ich alle meine Sachen für den Tag erledigt. Ich fuhr rüber zur Insel, um mir dort einen der Burger zu holen und mich mit den anderen zu treffen. Wir saßen an einem Tisch nahe am Wasser und unterhielten uns über die kommenden Pläne. Während ich mein erstes Bier trank, schwappten mir die Wellen gerade so bis zu den Zehenspitzen. Ein leichter Grillgeruch lag in der Luft und die Strahlen der Nachmittagssonne wärmten mir das Gesicht. Der Tag war einfach so unglaublich perfekt!