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Zurück in den Süden

von | Jul 20, 2023 | Neu Kaledonien, Pazifik

Der Aufprall auf dem Riff war nicht die einzige Überraschung auf unserem Weg um die Insel. Ein paar Tage später ankerten wir vor Poum, einem kleinen Dorf im Norden Neukaledoniens. Es war wieder einmal ein grauer Tag. Wolken verdeckten den Himmel und der kühle Wind tat sein Übriges, um die Stimmung zu drücken.

Wir fuhren mit dem Dinghy an den Strand, um uns auf die Suche nach dem nächsten Supermarkt zu machen. Wie immer, wenn wir an ein neues Dorf gelangten, suchten wir zuerst nach ein paar Lokals, um uns vorzustellen und Richtungen zu erfragen.

Dabei ist die Frage nach der richtigen Richtung eigentlich viel mehr ein Vorwand. Es geht vielmehr um die Geste, „Hallo“ zu sagen und herauszufinden, ob wir überhaupt willkommen sind.

An einem von einem bellenden Pitbull bewachten Grundstück kamen wir schließlich mit einer kleinen Familie ins Gespräch: Sie beschrieben uns die Richtung von Supermarkt und Post, warnten uns aber auch vor den vielen Taugenichtsen und fragten, ob wir das Boot auch fest verschlossen hätten.

Wir bejahten und machten uns auf den Weg zum Supermarkt. Gerade waren wir an der letzten Kurve des Strandes angekommen, von der wir das Boot noch im Blick hatten, als ein kleines Motorboot mit drei jungen Männern auf uns zu geprescht kam. Sie kamen vom Fischen. Zunächst waren wir etwas verunsichert von den lauten Rufen und der wilden Art ihres Aussehens und Auftretens. Dann stellte sich aber recht schnell heraus, dass sie nichts Schlechtes im Schilde führten, sondern einfach nur erfreut darüber waren, Touristen so weit im abgelegenen Norden zu sehen.

Sie kamen genau zur rechten Zeit! Nur ein paar Sekunden später und Annika und ich wären bereits hinter der nächsten Kurve verschwunden und hätten nicht mehr mitbekommen, wie sich zwei Trunkenbolde an unserem Dinghy zu schaffen machten: Sie starteten den Motor an Land und ließen ihn so hochdrehen, dass es bis zu uns herüber schepperte.

Als wir bemerkten, was los war, sprangen die Jungs sofort in ihr Boot zurück und jagten schreiend und fluchend in Richtung der mutmaßlichen Diebe und schlugen sie in die Flucht. Im Laufschritt brauchten Annika und ich etwas länger zurück und als wir endlich am Dinghy angekommen waren, entschuldigten die drei sich bei uns für ihre Leute und rieten uns, den Einkauf lieber im nächsten Hafen zu erledigen. Ein Ratschlag, den wir gerne befolgten. Wir ratschten noch kurz und nachdem wir uns bedankt hatten und auf den Rückweg machten, bekamen wir sogar noch einen Fisch geschenkt.

Der Impeller (Die Wasserpumpe des Motors) ist bei der Aktion kaputt gegangen. Und obwohl das unsere erste und einzige negative Erfahrung mit den Lokals war, waren wir am Ende aber auch glücklich und positiv überrascht von der Hilfe, die wir sofort von den anderen jungen Männern bekommen hatten!

Der Wetterbericht zeigte für die darauffolgenden Tage endlich ein Leichtwindfenster, das wir ausnutzen konnten, um zurück in den Süden Neukaledoniens zu segeln. Nach 48 unaufregenden Stunden auf See vertäuten wir das Boot in einer kleinen Marina nicht weit von der Hauptstadt entfernt und belohnten uns mit einer großen Pizza am Pier. Die Umrundung war geschafft!

Von nun an waren die Tage wesentlich entspannter! Wir wussten, dass wir auf ein Ersatzteil zu warten hatten und waren deshalb überhaupt nicht in Eile, die letzten 50 Seemeilen nach Noumea zurückzulegen. Wir machten kleinere Wanderungen und ankerten ein paar Nächte vor einer kleinen Insel an der äußeren Riffkante.

Hier lernten wir die Crews verschiedener australischer und neuseeländischer Boote kennen, die vor Kurzem als Teil einer Rally in Neukaledonien angekommen waren. – „Die ersten fremden Boote in Neukaledonien; endlich ein bisschen Gesellschaft auf dem Wasser!“

Zusammen waren wir Surfen und Tauchen. Für Annika und mich war es das erste Mal, dass wir zusammen ohne Tauchschule tauchten. Ohne Guide, der die Spots wie seine Westentasche kennt, muss man alles selbst genau vorbereiten. Man muss auf die Tiefe achten, die Strömung beobachten und man weiß natürlich nie, was einen da unten erwartet!

Als Kontrastprogramm zu unseren Wasseraktivitäten zog es uns in die Berge! – Beine Vertreten. Zuletzt haben Anni und ich den Mont Humboldt bestiegen. Mit 1618 Metern ist er der zweithöchste Berg Neukaledoniens.

Der Trail startete am Eingang einer der vielen Nickelminen. Nachdem wir die lange Minenstraße hinter uns gelassen hatten, windete sich der Pfad durch ein Stückchen Wald den Berg hinauf. Dann folgten wir kleinere Bergrücken bis wir die 1200 Meter Marke erreichten. Dann änderte sich die Natur schlagartig wieder und die letzten zwei Stunden kletterten wir durch das Dickicht eines Waldes. Er war so dicht und wild gewachsen, dass man glatt meinen konnte, in einem Märchenwald gelandet zu sein.

Nach sieben Stunden Fußmarsch erreichten wir das Refuge du Humbold: Eine richtig süße, kleine Hütte in einer leichten Senke unterhalb des eigentlichen Gipfels! Es war schon vier Uhr und wir merkten, wie es schnell kühler wurde. Wir verstauten unsere Rucksäcke in der Hütte und begannen trockene Äste und Zweige zu suchen, um ein kleines Feuer starten zu können.

Bis die Flammen brannten, war die Sonne bereits untergegangen und wir begannen damit, unser mitgebrachtes Essen aufzuwärmen und für den nächsten Tag Wasser aus der Zisterne abzukochen. Obwohl es gerade einmal 10 °C warm war, ließ es sich im Inneren der Hütte mit Ski- Unterwäsche und der heißen Trinkflasche im Schlafsack ganz gut aushalten. Nach all den Anstrengungen des Tages schlief ich wie ein Baby!

Am nächsten Morgen standen wir früh auf und kämpften wir uns durch die letzten 300 Höhenmeter bis zum Gipfel: Eine wahnsinnige Aussicht! Man befindet sich nahezu in der Mitte der Insel, kann die Berge sehen, die grünen Täler und roten Gipfel. Es ist der einzige Berggipfel Neukaledoniens, von dem aus man beide Seiten der Küste und den Ozean sehen kann!

Mit dieser Reise erfülle ich mir meinen Traum. Wenn auch du mich dabei unterstützen möchtest freue ich mich sehr über eine symbolische Einladung zu einer Brotzeit!

Vielen Dank!

Kurz die Aussicht genießen; Fotos machen, dann mussten wir auch schon wieder den Abstieg beginnen. Zum einem war es kalt und unsere Hosen nass vom morgendlichen Tau. Zum anderen wollten wir unbedingt vor vier Uhr zurück in der Miene sein. Wir hatten nämlich schon ganz zu Beginn unserer Wanderung einen Haufen Glück, der uns ein ganzes Stück Zeit und Kraft sparte:

Ein Truckfahrer hatte uns schon wenige Minuten nachdem wir auf die Minenstraße eingebogen waren, aufgegabelt und angeboten uns an bis zu seiner Beladestation mitzufahren. Wir sparten dadurch etliche Kilometer langweiligen Fußweg gespart und wären wohl sonst kaum durch den Sicherheitsposten weiter unten im Tal gekommen.

Denn kaum waren wir wieder auf eigenen Füßen unterwegs, wurde auch schon die Mienenaufsicht auf uns aufmerksam: Sie waren; verständlicherweise; nicht gerade erfreut uns inmitten ihrer Miene zu sehen und wollten wissen, wie wir hierhergelangt waren. Um den Fahrer zu schützen, gaben wir in dem Fall unseren Beinen die Schuld uns bis hierher getragen zu haben und beteuerten zugleich, gut auf uns aufpassen zu können.

Erst nach einigem Hin und Her gelang es uns schließlich die beiden davon zu überzeugen uns nicht rauszuwerfen, sondern noch ein Stückchen weiter nach oben, zum Beginn des eigentlichen Trails, zu fahren. – Ohne diese Zwei „Abkürzungen“ hätten wir es wahrscheinlich gerade einmal zur ersten Hütte geschafft.

Auf jeden Fall wussten wir nun, dass wenn wir erst nach Arbeitsschluss in der Miene auftauchen würden, den ganzen Weg durch die Miene laufen müssten. Wir legten also einen Zahn zu und schafften es pünktlich zurück in die Miene und stoppten den Chef höchstpersönlich bei seiner letzten Kontrollfahrt auf den Berg.

Mit dem Boot ankern wir seit ein paar Tagen wieder vor Noumea und bereiten uns auf die Weiterfahrt vor. Wir haben über drei Wochen lang auf das bestellte Ersatzteil für das Vorstag gewartet, aber mittlerweile ist klar, dass das Paket bei DHL verloren gegangen ist.

Obwohl es komisch ist zu wissen, dass so ein kritisches Bauteil defekt und das Boot nicht 100% in Schuss ist nicht 100% ist, haben wir uns dazu entschlossen, trotzdem nach Vanuatu weiterzusegeln.
Ich habe mich beim Hersteller nach seiner Einschätzung erkundigt und zur zusätzlichen Sicherheit das zweite Vorstag gesetzt. – Eine Nachforschung zum Verbleib des Pakets dauert laut DHL „ein bis zwei Monate.“!

Für die Überfahrt hat sich dieses Wochenende ein geeignetes Wetterfenster angekündigt. Mit leichtem Wind aus Südwest – west sollte die 260 Seemeilen lange Überfahrt nach Vanuatu leicht zu schaffen sein.

Außerdem! Wir haben ein neues Crewmitglied an Bord! Sie kommt aus Australien und ist gerade mit Anni beim Tauchen. Vorausichtlich bleibt sie bis nach Indonesien an Bord!