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San Blas: kleine Inseln, viele Erlebnisse und große Gefühle

von | Sep 30, 2021 | Atlantik, Panama, San Blas

Seit rund sechs Tagen segeln Sofien und ich bereits zwischen den paradiesischen San Blas Inseln.

Sie sind Teil des Guna Yalas, einer Region rund 100 Meilen östlich des Panamakanals, welche das Zuhause der indigenen Guna Indianern ist. Sie leben und arbeiten auf rund 340 Inseln, von denen einige ganze Dörfer beherbergen, aber andere von nur je einer Familie bewohnt werden oder wieder andere, die gerade so Platz für eine einsame Palme bieten. Seit 1925 leben die Gunas autonom unter der Kontrolle ihres eigenen „Congresso“, sind aber nach einem Abkommen mit der Regierung, welches den Schutz ihres Stammes und ihrer Traditionen garantieren soll, weiterhin ein Teil von Panama.

Nachdem Sofien nach über 15 Stunden Anreise auf dem Boot angekommen war, wir uns zusammen eingelebt und erste Erkundungstouren gestartet hatten, fingen wir an unseren Ausflug zu den San Blas Inseln vorzubereiten. Es gibt dort weder Supermärkte noch andere Möglichkeiten, unterwegs Vorräte aufzustocken. Uns fehlten neben frischem Obst und Gemüse vor allem Dinge wie Spiritus für den Herd, Kaffee und einige Dinge aus dem Baumarkt. Hier in Linton Bay kann man sich mit Basics wie Reis, Nudeln und ein wenig Gemüse recht gut versorgen. Möchte man etwas anderes, bleibt der Bus nach Portobello (30min), wo es auch den nächsten Bankautomat gibt.

Kurzer Besuch in Panama City

Für alles Weitere fährt man am besten mit einem gut durchdachten Einkaufszettel zu den großen Einkaufszentren nach Colon (2h) oder wenn speziellere Sachen wie Bootsausrüstung oder eben Spiritus zum Kochen gebaucht wird, weiter nach Panama City (4h).

Für uns war also relativ eindeutig, dass wir einen langen Ausflug vor uns hatten. Um 6.30 Uhr morgens nahmen wir, ausgestattet mit Ruck- und Seesäcken den Bus in Richtung Colon. Dort mussten wir noch das Cruisingpermit für das Boot abholen und konnten dann in den Bus nach Panama umsteigen. Als wir Abends gegen 10 die Einkäufe aufs Deck hieften waren wir glücklich alles gefuden zu haben, aber auch hundemüde von der langen Tour und sahen zu, schnell ins Bett zu kommen. Denn auch der nächste Tag versprach einiges an Arbeit.

 Früh um sechs Uhr begann er. Wir gingen Anker auf und fuhren in die Marina, um dort auf dem Boatyard den Boden unserer „Badewanne“ (Beiboot) neu zu verkleben. Nach jeder vorhergegangenen Reparatur (das erste Mal in Grenada), löste sich der Boden an einer anderen Stelle von den Auftriebskörpern. Wir beschlossen daher, den Boden einmal komplett zu entfernen und neu anzubringen. Wieder einmal leichter gesagt als getan. Durch die vielen vorhergegangenen Versuche und dem Anschleifen der Klebestellen war das Material teilweise schon sehr dünn. Ich schaffte es gleich an zwei Stellen durch die dünne PVC-Haut zu stechen und so das Projekt noch einmal zu verkomplizieren.

An Tag drei der Vorbereitungen checkten wir den Außenborder, wechselten alle Öle und prüften außerdem, ob die Kühlwasserpumpe noch gut in Schuss ist. Anschließend das Werkzeug verräumen, das Boot putzen, noch einmal die Frischwasserdusche der Marina auskosten und dann waren wir bereit zurück an unseren Ankerplatz zu fahren, um nicht noch eine Extranacht in der Marina zahlen zu müssen.
Da wir dem Kleber lieber etwas mehr Zeit zum Trocknen geben wollten, blieb das Dinghy noch eine weitere Nacht an Land. Wir sammelten es nach einem ordentlichen Frühstück, um uns für die 50 Seemeilen zu den San Blas zu stärken, vom Tankstellensteg aus ein und fuhren los.


12 Stunden dauerte der Trip zu den San Blas Inseln. Anfangs mit Regen, später kam sogar die Sonne zum Vorschein. Nur Wind hatten wir keinen, fuhren also die meiste Zeit mit Motor. Als wir unser Ziel, die Insel „Waisaladup“ im Westen der Hollandes Cays, erreichten und den Anker schmissen war es bereits dunkel. Das Staunen am nächsten Morgen, als wir die Insel in voller Pracht vor uns hatten, war dafür umso größer!

( Habe leider kein Bild vom Boot aus gemacht, der Anblick war ähnlich wie beim Titelbild des Artikels)

Die Farbe des Wassers vor uns bis hin zum Ufer wechselte von Dunkelblau nach Türkis, endete in einem weißen Sandstrand, welcher von grünen Kokosnusspalmen umrahmt wurde. Links und rechts vom Boot Korallenriffe, welche zum Baden einluden. In null Komma nichts hatten wir Badehosen an und schnorchelten das Riff entlang. Wir fanden einige coole Fische, einen Rochen und den ersten Hai der Reise!

Zurück am Boot bekamen wir Besuch von drei jungen Guna Indianern. Sie übergaben uns ihre Handys mit der Bitte, sie bis zum Abend aufzuladen.

Wir blieben eine weitere Nacht vor Anker und segelten früh am nächsten Tag, mit leichtem Wind zum östlichen Ende der Inselgruppe, nach „Banedup“. Unter Uegeln manövrieren wir durch die vorgelagerten Riffe, die sich, tagsüber, bei gutem Licht durch ihre bräunliche Färbung vom Rest des Wassers abheben. Die Karten auf dem Kartenplotter sind hier keine große Hilfe. Sie sind viel zu ungenau vermessen und missen zudem viele Untiefen. Die von Erik Bauhaus selbst vermessenen und erstellten Karten im „Panama Cruising Guide“, und die Navigation mit dem bloßen Auge sind der einzige Weg, ohne Kollisionen mit dem Riff, von Ankerplatz zu Ankerplatz zu Manövrieren. (Hier ein kleines Video, wie der Panama Cruising Guide entstanden ist)

Der Blick wenn mal nichts beißt.

Fischen ist hier Tagesgeschäft! Vor allem mit Sofien an Bord. Er hat es wirklich raus und wir daher jeden Tag Fisch zum Mittag, Abend und wenn es ganz gut läuft auch zum Frühstück!

Den zweiten Tag vor Banedup starteten wir mit dem Reparieren der Angelrollen. Sie hatten in den letzten Tagen einige gute Drills mitgemacht und hatten etwas Zuneigung verdient. Mit ein bischen Fett und Putzen waren sie recht schnell wieder einsatzbereit.
Auch hier bekamen wir besuch von einigen Gunas, die mit ihren „Ulus“, traditionellen Einbaumkanus vorbeifuhren, um uns frischen Lobster sowie „Molas“, traditionelle Näharbeiten, zum Kauf anzubieten.

Zwei Lobster kauften wir für 15 Dollar und drei Bier. Sie sollten unsere abendliche Fischpfanne aufwerten, die wir dieses Mal am Strand grillten. Mit der Harpune und den frisch gewarteten Angeln fingen wir noch ein paar Fische und machten uns am späten Nachmittag daran, ein kleines Feuer am Strand zu entfachen. Fisch und Langusten wurden gegrillt, Gemüse gebraten, und komplett vertilgt. Wahnsinnig lecker! Später am Abend stieß noch die Crew eines Katermaranes zu uns und so bleiben wir noch bis spät in die Nacht am Feuer, tranken ein paar Bier mehr und gingen erst nach Hause als das Feuerholz leer war.

Der nächste Tag, ein Montag, war besonders. Es war der Tag der Beerdigung meiner Oma. Sie ist kurz vor der Abfahrt von Bonair nach Panama unerwartet verstorben.

Ich steckte inmitten der letzten Vorbereitungen und war gerade dabei, meiner Schwester zu schreiben, ob sie meine Briefwahlunterlagen abholen könne, als mich meine Eltern anriefen und mir die Nachricht überbrachten.

Ich weiß, wenn ich jetzt daran zurückdenke, dass mich diese Nachricht doch mehr getroffen hatte, als ich zunächst angenommen hatte:

Zunächst wusste ich absolut nicht, was ich tun sollte. Ich und das Boot waren in Bonair, auf der anderen Seite des Atlantiks. An Bord war Sofie, die damit rechnete, gleich nach Panama zu segeln und in Deutschland war Sofien, der sich quasi schon auf dem Weg nach Panama befand. Ich selbst wollte ich nur nach Hause, mich ausheulen und meiner Familie Beistand leisten. Aber das war gar nicht so einfach möglich. Erstens war der Hafen in Bonair aus wettertechnischer Sicht nicht sicher und zweitens hatte ich eben mehr als eine Verabredung, die auch anderen Leuten viel Organisation und Geld kostete.
Ich entschloss mich schließlich, mit einem Tag Aufschub nach Panama loszusegeln. Mit der Idee, vielleicht von Panama aus eine Lösung für den Heimweg zu finden. In den acht Tagen auf See hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. – Zu viel. Noch nie hatte ich so starkes Heimweh, Sehnsucht danach, meine Familie in den Arm zu nehmen, wie in diesen Tagen. Und dennoch entschied ich schon unterwegs, nicht zu Beerdigung nach Hause zu fliegen. Ich hatte die meisten der Familie nun seit rund zwei Jahren nicht mehr gesehen und wäre nach ewigen Flugstunden für nur zwei oder drei Tage zurück in mein altes Umfeld gekommen. Zudem hätte ich Sofien und Boot alleine in Panama zurückgelassen und glaubte desshalb, den eigentlichen Grund nach Hause zu kommen, nämlich um Abschied von meiner Oma zu nehmen, nicht so hätte erleben können, wie ich gerne wollte.

Umso froher war ich, nach Ankunft endlich daheim anrufen zu können, die Stimmen meiner Eltern zu hören und all meinen angestauten Gedanken freien Lauf lassen zu können.

Jetzt, in den Tagen vor der Beerdigung und an diesem Montag selbst ging es mir wieder ähnlich wie während der Überfahrt: Gefangen in irgendwelchen Gedankenstrudeln, Heimweh, wehleidig. Jede Kleinigkeit, die nicht so lief wie ich wollte, ließ mich ausflippen.

Ich musste unbedingt mit meinen Eltern telefonieren, mir den Kopf frei reden. Ich wollte wissen, wie die Beerdigung war und wie es allen geht, allen, die ich nicht treffen konnte.

Aber nicht einmal das war so einfach möglich. Denn obwohl wir  nicht allzu weit vom Festland entfernt waren, war an den äußeren Inseln absolut kein Empfang. Diese Situation, nicht erreichbar zu sein, welche normalerweise dazu beiträgt abschalten zu können und runter zu kommen, wühlte mich in diesen Tagen erst recht auf.

Deshalb sind wir, nachdem wir aufgewacht und einen Kaffee getrunken hatten, losgesegelt. Drei Stunden stur in Richtung Süden, bis ich endlich wieder zwei kleine Balken in der rechten Bildschirmecke meines Handys sah. Ich kam mir vor wie ein Junky und fluchte, als die Verbindung zunächst holprig war. Aber als wir dann ununterbrochen telefonieren und uns austauschen konnten, war ich wahnsinnig erleichtert und froh!

Auch Sofien nutzte die Gelegenheit, Zuhause durchzurufen und nachdem alle Anrufe getätigt waren, segelten wir in einem weiten Bogen, immer mit der Hoffnung noch einen Fisch mit der Schleppangel zu erwischen um die nächste Insel herum und ein paar Meilen zurück zu den „Coco Bandero Cays, wo wir die nächste Nacht verbrachten.